Kategorien
Kunst & Kultur

Schwung- und stimmungsvoller Auftakt des von der VR-Bank Nordeifel gesponserten Mundartfestivals „Mir kalle Platt“

Nettersheim/Euskirchen – Einen erwartungsgemäß schwung-und stimmungsvollen Auftakt nahm das Mundartfestival „Mir kalle Platt“ am Samstagabend in der ausverkauften Nettersheimer Kulturscheune. Sogar auf dem Ackerwagen und im Heustadel hinten saßen Mundartfans aus Nordeifel und Börde.

Landrat Markus Ramers und Vorstandsvorsitzender Mark Heiter von der VR-Bank Nordeifel, dem Hauptsponsor, eröffneten den bis 15. Oktober programmierten Veranstaltungsreigen. Ferdi Geißler, erster stellvertretender Bürgermeister von Norbert Crump, vertrat die Gastgebergemeinde Nettersheim würdig in deren Mundart. Dann übergaben sie das Mikrophon an den Sprach- und Stimmakrobaten Julius Esser, der das Publikum vom ersten Augenblick an auf seiner Seite hatte.

Der Moderator, Poetry-Slammer und Betreiber des „Siechhaus“-Unterhaltungs-Cafés bei Zülpich sagte nicht nur die Akteure des Abends an, sondern „riss“ auch seinerseits einen Gag nach dem andern. Im Programm wirkten Günter Hochgürtel und Manni Lang von der „Eifel-Gäng“ ebenso mit wie Singer-Songwriter Martin Sina aus Euskirchen, der Heimbach-Vlattener Kabarettist Jens Bongard und Birte Karstens von Julius Essers Zülpicher Liga alternativer Karnevalisten.

Gebrüllt vor Lachen

Dem Fass den Boden aus schlug der erst achtjährige Markus Hopfinger aus Bürvenich, der zusammen mit Julius Esser den Sketch „De Kapp öss fott“ vortrug, eine Parodie auf Kölsch über den alten katholischen Messritus. Das Publikum brüllte vor Lachen. Auch nicht schlecht war das Eifeler Hiellichlied „Ose Noobesch Pitte“, das Manni Lang anstimmte und damit den Saal zum Kochen brachte.

Der Verfasser der Mundartkolumne „Manni kallt Platt“ im WochenSpiegel und Öffentlichkeitsarbeiter der VR-Bank Nordeifel erinnerte an die genossenschaftliche Solidaritätsbewegung des 19. Jahrhunderts, während der es im damaligen „Preußisch Sibirien“ zur Gründung der Vorgänger-Banken der heutigen VR-Bank Nordeifel und einigem Wohlstand kam.

Manni Lang rezitierte die Ballade „Thiatr om Dörp“ des fast hundertjährigen Eifeldichters Fritz Koenn, der seinerzeit das Unternehmensleitbild der „Hausbank der Region“ verfasst hatte: „Os Mitjlieder, Kongde unn Kolleeje könne sich op os verlosse, für die mir zönk lange Johre wirke … Zesaame stoon unn zesaame joon – dat mäht unn hält os stärk.“

Helga Hettmer, eine gebürtige Euskirchenerin, die seit 46 Jahren in Niederelvenich lebt, und der Zülpicher „Native-Speaker“ Udo Esser wurden im Film eingespielt und gaben ihre eindrucksvollen Bekenntnisse zu Heimat und Platt kund. Zusammenhalt und Platt haben miteinander zu tun.

„Mundart Teil unserer DNA“

Auch zwischen Eifel und VR-Bank Nordeigel passe kein Blatt Papier, so der zitierte Fritz Koenn: „Wir sind die Bank und das Rückgrat der Region. Kein Verein, Verband, keine politische Gruppierung hat so viele Mitglieder wie die VR-Bank Nordeifel.“ Und: „Wenn et dr Berch erop joon soll, daasch mr net zu bangk senn, ens jet angesch ze maache. Dafür mosse mir forsch no vüere kicke unn emmer de Uere spetze unn de Ohre ophalde. Bei all dämm wäere mir net verjeiße, dat mir en echt Eefeler Jenossenschaff senn unn blieve wolle.“

Oder, wie es Vorstandsvorsitzender Mark Heiter in seiner kurzen Ansprache formulierte: „Eefeler Platt ist ein Teil unserer DNA. Und »Dress« für Misslungenes klinge beispielsweise wesentlich entspannter und versöhnlicher als das hochdeutsche Entsprechungswort. Manches Kundengespräch gehe von ganz alleine von der Hochsprache in die Mundart über, so Heiter: „Mit verstohn oss Kunde!“

Landrat Markus Ramers hatte von einem Vortermin beim Eifelverein auf der Mayener Genoveva-Burg die Schöpfungsgeschichte des Eifelers mitgebracht. Obwohl die beiden von einem Künstler geschnitzten Holzfiguren noch nicht ganz fertig und vor allem noch nicht geschliffen und poliert waren, hauchte der Schöpfer ihnen unvorsichtigerweise Leben ein.

„Halt, ich muss Euch erst noch fertigstellen“, rief der Schnitzer dem davoneilenden Pärchen hinterher, doch Gottvater beschwichtigte ihn: „Loss se loofe… die senn zwar onjeschleffe, äve de Hoopsaach öss, et Hätz öss joot!“ Vorwiegend heiter waren auch die Songs op Platt, die der Leadgitarrist und Sänger der Rockgruppe „Wibbelstetz“, „Troubadour“ und „Eifel-Gängster“ Günter Hochgürtel zum Besten gab: „Himbeer-Marmelad“, „Om Uehlebersch“ und „Ahle Kaschem“.

Sein Gitarristen- und Sängerkollege Martin Sina war für die ernste Abteilung zuständig und stellte seine Kompositionen „Küchenblues“ über den Ukrainekrieg, „Panama“, eine Liebeserklärung an die rheinische Heimat, und „Op ejene Fööß“ vor. In dem letzteren Lied besingt Martin Sina die lange Demenz seiner vor acht Wochen verstorbenen Mutter und die Geburt einer ganzen Reihe von Enkelkindern in dieser Zeit. Langanhaltender Beifall zeigte, wie sehr Sinas Töne und nachdenklichen Worte auf Platt den Nerv des Publikums getroffen hatten.

„Heem john“ und das „Eefelleed“

Vor dem großen Finale mit allen Akteuren stimmte „Eifeltroubadour Günter Hochgürtel sein „Eefelleed“ an. Die Menschen in der Nettersheimer Kulturscheune sangen mit und schwenkten gerührt Taschentücher zum Abschied. Auch nach vier Stunden Programm waren sie keineswegs müde. Hochgürtel musste als Zugabe seinen Song „Heem john“ anstimmen, der in vielen Dörfern bereits zum Ritual des Kirmesbegrabens gehört.

Der von Nicole Habrich (Nordeifel-Tourismus) organisierte Abend hinterließ ein begeistertes Publikum. Ihre Chefin Iris Poth dankte ihr und allen, die mitgemacht hatten. Zum Erfolg trugen auch freie Getränke, Popcorn und Laugenbrezeln bei sowie eine laue Sommermacht vor der Kulturscheune, die zum weiteren Verweilen einlud…