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Telemedizin ermöglicht digitale Hausbesuche in Pflegeheime im Kreis Euskirchen

Euskirchen – Nach erfolgreicher Pilotphase weiten AOK Rheinland/Hamburg und Kreis Euskirchen ein Projekt für Televisiten auf elf Pflegeeinrichtungen aus: Digitale Lösungen können belastende und unnötige Krankenhausaufenthalte vermeiden.

Immer mehr Pflegebedürftige leben in Alten- und Pflegeheimen, gleichzeitig steigt das Arbeitspensum für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte gerade in ländlichen Regionen. Kurzfristige Hausbesuche sind kaum noch möglich. Pflegekräfte müssen daher auch in medizinischen Routinefällen häufig den Notruf wählen, obwohl Krankenhausaufenthalte für Pflegebedürftige sehr belastend sind und durch einen Arztbesuch vielfach vermeidbar wären. Abhilfe versprechen Televisiten, die in einem Pilotprojekt in den vergangenen Monaten erfolgreich erprobt wurden. Nun wird der digitale Hausbesuch als Projekt auf elf Einrichtungen im gesamten Kreis Euskirchen ausgeweitet. Euskirchen kann als Modellregion für den ländlichen Raum wertvolle Erkenntnisse liefern.

Der sinnvolle Einsatz von Telemedizin trägt dazu bei, sowohl die Lebenssituation von Pflegebedürftigen als auch die Arbeitsbedingungen von Pflegekräften zu verbessern. Eine Konsultation mit dem betreuenden Hausarzt oder der Fachärztin zur niedrigschwelligen Abklärung einer medizinischen Situation oder auch für eine Routinevisite schaffen schnell Klarheit und Handlungssicherheit für Pflegekräfte. Stresssituationen für Pflegebedürftige durch Transporte, Krankenhausaufenthalte und Veränderungen im Alltag werden vermieden.

Bei der Televisite sind Patientinnen und Patienten gemeinsam mit einer Pflegekraft im digitalen Austausch mit dem Arzt oder der Ärztin. „Sie entscheiden gemeinsam, ob bestimmte Maßnahmen durchgeführt und andere unterlassen werden. Dazu können durch technische Vernetzung auch objektive Messdaten beispielsweise des Blutdrucks, des Blutzuckers oder der Sauerstoffsättigung zu Hilfe genommen werden. Neben der Verabreichung der angemessenen Medikation geht es vor allem um die Entscheidung, ob eine Krankenhauseinweisung oder ein Rettungsdiensteinsatz erforderlich sind oder nicht“, erläutert Prof. Dr. Dr. Michael Czaplik, CEO „Docs in the Clouds“. Docs in Clouds ist der Entwickler des für die virtuellen Hausbesuche verwendeten Systems „TeleDoc“.

Televisiten unabhängig von der Kassenzugehörigkeit

Matthias Mohrmann, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland/Hamburg, unterstreicht die Möglichkeiten der Digitalisierung für eine qualitativ hochwertige Versorgung von pflegebedürftigen Menschen. „Virtuelle Arztbesuche, kombiniert mit der persönlichen Begleitung durch eine vertraute Pflegekraft, können die Lebensqualität pflegebedürftiger Menschen erhöhen. Stress und Ängste, die durch den Wechsel der bekannten Umgebung ausgelöst werden, können reduziert und unnötige Krankenhausaufenthalte vermieden werden. Für die Pflegeeinrichtung kann der Einsatz der Televisite über die schnellere Erreichbarkeit der betreuenden Ärztinnen und Ärzte hinaus auch organisatorisch Erleichterung bringen“, sagt Mohrmann. Die Nutzung der Televisiten steht für alle Versicherten offen, unabhängig ihrer Kassenzugehörigkeit. Um die Pflegeheime in der Umsetzung zu begleiten, strebt die AOK Rheinland/Hamburg eine selektivvertragliche Unterstützung für die Heime an.

„Durch Telemedizin können Ärztinnen und Ärzte sich ohne lange Fahrzeiten ein Bild vom Zustand ihrer Patientinnen und Patienten in Pflegeeinrichtungen machen und gegebenenfalls notwendige Maßnahmen zügig einleiten. Vom Einsatz der Televisiten profitieren also alle Beteiligten “, betont Dr. Benedikt Zumbé, Arzt für Allgemeinmedizin in Tondorf und Anwender für Telemedizin. Im Projekt AIDA sind sowohl Initialschulungen als auch weiterführende Schulungen für Pflegekräfte vorgesehen.

Flächenkreis Euskirchen wird Modellregion

Im Kreis Euskirchen leben rheinlandweit die meisten Pflegebedürftigen und auch die Zahl der Pflegeheime ist sehr hoch. „Wir freuen uns, dass dieses wegweisende Projekt im Kreis Euskirchen umgesetzt wird. Damit wird die pflegerische Situation im Kreis verbessert. Zudem wird der Kreis als Modellregion zur langfristigen Verbesserung der Versorgung Pflegebedürftiger im ländlichen Raum insgesamt beitragen können“, sagt Landrat Markus Ramers.

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Ab April sollen elf Heime mit TeleDoc-Stationen ausgestattet werden. Das sind mehr als ein Drittel aller Heime im Kreisgebiet. Die wissenschaftliche Begleitung des Projekts erfolgt in Kooperation mit der Uniklinik der RWTH Aachen.

Die Anschubfinanzierung erfolgte über das Programm Telemedizin NRW des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen sowie durch Fördermittel des Projektes „Care & Mobility Innovation“ des Kreises Euskirchen. Die AOK Rheinland/Hamburg wird, nach Ausstattung der Einrichtungen und nach den ersten Initialschulungen, die teilnehmenden Pflegeeinrichtungen in der Umsetzung unterstützen. Geplant ist ein Selektivvertrag sowie weitergehende Schulungsangebote für Pflegefachkräfte.