Region/Koblenz/Mörschbach – Im Rahmen der jährlichen Erntepressekonferenz erläuterte der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, ÖR Michael Horper, bei der Raiffeisen-Hunsrück-Handelsgesellschaft in Mörschbach die Erntesituation im nördlichen Rheinland-Pfalz. Bis Mitte Mai gab es reichlich Regen und das Getreide stand im Frühjahr weitgehend dicht und mastig auf den Feldern. Danach begann eine längere Trockenphase, die die Hoffnung auf eine insgesamt gute Getreideernte zunichtemachte.
Horper: „Die Landwirtschaft kommt mit den Widrigkeiten des Wetters klar, nicht aber mit unverständlichen politischen Entscheidungen. Ich werde weiter darum kämpfen, dass alle Bäuerinnen und Bauern ihre Kulturen schützen dürften. Ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten jeglicher Art ist mit mir nicht zu machen.“ Weiter stellte er klar, dass auch die Naturwiederherstellungsrichtlinie der EU nicht zur Enteignung der Landwirte führen dürfe. Vielmehr sei die Landwirtschaft bereit intensiv für den Naturschutz zu arbeiten. Es sei vielmehr an der Zeit, dass die Flächenversiegelung, die Zerschneidung der Landschaften mit Verkehrsprojekten und das Ausbreiten von Steingärten und Rasenwüsten in den Hausgärten gestoppt werde.
Zur Ernte 2023 erklärte Horper: „Die Pflanzenbestände waren in den Trockenphasen ab Ende Mai aufgrund lokal sehr unterschiedlicher Niederschlagsereignisse nicht einheitlich gewesen. Also gibt es Regionen, die deutlich stärker unter Wassermangel gelitten haben als andere. Dies trifft vor allem für die Westeifel, den Hunsrück und das Nahegebiet zu.“ Auch die Wasserhaltefähigkeit der Böden sei ausschlaggebend für die Ertrags- und Qualitätsentwicklung. Regionen mit leichteren, d. h. sandigeren Böden, hätten deutlich unterdurchschnittliche Erntemengen eingefahren.
Die Wintergerste, die überwiegend als Futtergetreide und zum Teil als Braugerste genutzt werde, habe gute Erträge erzielt. Auch die Qualitäten seien insgesamt zufriedenstellend. Die Erzeugerpreise für Wintergerste lägen zur Zeit um 30 Prozent unter dem Vorjahresniveau, das allerdings noch stärker von der Ukrainekrise geprägt gewesen sei als heute. Die Sommerbraugerste sei ein Sorgenkind der diesjährigen Ernte, betonte der Präsident, da gerade die spät ausgesäten Kulturen vom Frühjahrsregen nicht mehr profitiert hätten. Weniger Ähren tragende Halme und eine schlechte Kornausbildung seien die Folge. Das Ergebnis seien vereinzelte Totalausfälle und Erträge bis höchstens mageren fünf Tonnen pro Hektar.
Der Winterweizen sei weitgehend noch nicht geerntet, so Horper, es werde aber mit leicht unterdurchschnittlichen Erträgen gerechnet. Der Weizen profitiere noch von der Winterfeuchte. Die Sommertrockenheit führe aber auch bei sandigerem Untergrund zu einer schlechteren Kornausbildung. Erträge über sieben Tonnen pro Hektar seien daher voraussichtlich eher selten anzutreffen. Die Eiweißgehalte würden offensichtlich den Qualitätsnormen für Brotweizen entsprechen. Spitzenqualitäten seien in der Regel aber nicht zu erwarten. Die aktuellen Erzeugerpreise seien allenfalls zufriedenstellend, erklärte der Präsident.
„Auch die Rapsernte gibt keinen Anlass zur Freude. Die Erträge werden 2023 sehr unterschiedlich sein und sich zwischen 2 und 4 Tonnen pro Hektar bewegen.“ Hier gebe es einen merklichen Ertragsrückgang, der einerseits auf die Witterungsschwankungen und andererseits auf fehlende Pflanzenschutzmittel zurückzuführen sei. Rapserdfloh und Rapsglanzkäfer könnten nicht optimal bekämpft werden, sodass auch wirtschaftliche Schäden durch Schädlinge eingetreten seien. Die Erzeugerpreise lägen über 400 Euro die Tonne, was die geringeren Erträge wirtschaftlich teilweise kompensieren könne.
Problematisch entwickle sich aktuell die Situation in der Viehhaltung. Nach einem ersten akzeptablen guten Grünschnitt, seien danach keine weiteren ertragreichen Ernten mehr eingefahren worden. Den Betrieben fehle häufig der zweite und dritte Schnitt und somit über 40 Prozent des Gesamtjahresertrages des Grünlandes. Auch der Mais leide unter der aktuellen Trockenheit. Hoffnung mache allerdings der aktuelle Regen. Der Mais könne noch Vegetationsrückstände kompensieren. Eine weitere längere Trockenheitsphase wäre allerdings fatal, machte Horper deutlich.
Der Obstbau profitiere von den Wurzeln der Obstbäume, die in tiefere Bodenschichten vordringen und somit Trockenphasen überstehen könnten. Ernteeinbußen seien daher beim Baumobst nicht zu verzeichnen. Zwar gebe es bei den Äpfeln aktuell kleinere Fruchtgrößen, die aber aufgrund der Ernte im Herbst noch durch Regen oder, wo möglich, durch Bewässerung, kompensiert werden könnten. Auch die Erdbeerbetriebe blickten auf eine zufriedenstellende Saison zurück, die durch einen späteren Saisonstart, daraus resultierende geringere Konkurrenz durch Importware und gute Erzeugerpreise gekennzeichnet gewesen sei, erklärte BWV-Präsident Horper. Ohnehin habe die Hitze in Südeuropa den Obstimport nach Deutschland deutlich verringert, was zu einer Entspannung auf dem deutschen Obstmarkt geführt habe.