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Neues Leben im alten Dachstuhl – Trierer Bischof Ackermann greift zur Malerrolle

Welschbillig – Im Jugendhilfezentrum Helenenberg entstehen Wohnräume für Intensivgruppen. Noch ist im Dachstuhl des Jugendhilfezentrums Don Bosco Helenenberg Baustelle angesagt. Wo am 17. März noch tatkräftig gewerkelt wird, entstehen 16 Einzelzimmer mit Nasszelle und Gemeinschaftsräume für die Gruppen „Turin” und „Pinardi”, dazu kommen noch Büroräume für erzieherisches und therapeutisches Personal. Wohl schon im Herbst werden dort Jugendliche einziehen, die in der Vergangenheit sexuell übergriffiges und grenzverletzendes Verhalten gezeigt haben.

Jedes Mal, wenn die Sonne hinter den Wolken hervorlugt, füllt sich der weitläufige, an einer Seite abgerundete Raum mit Licht. Hier wird später die Küche sein. Das Sichtmauerwerk schluckt die Strahlen, die Wandelemente, die schon geweißelt sind, werfen das Licht sanft zurück. Fünf Meter weiter, im weitläufigen Flur, kleckst weiße Wandfarbe auf den Boden. Malermeister Roland Steinbach gibt präzise Anweisungen: Hier die Rolle eintunken, aber nicht zu viel, dann gleichmäßig auf der Wand verteilen. Neben ihm schaffen Nadine (20), Max (18) und David (17) routiniert mit Farbe und Malerrolle. Die drei Jugendlichen absolvieren derzeit eine Malerausbildung auf dem Helenenberg. Anleitung brauchen sie nur noch selten, immerhin arbeiten sie bereits seit Monaten an der Renovierung – und waren auch schon ziemlich fleißig: Zunächst musste die Tapete abgelöst werden und der Boden brauchte einen neuen Schliff. Aufmerksamer Zuhörer der Steinbach’schen Erläuterungen ist Bischof Ackermann, der gekommen ist, um sich einen Überblick über die Baumaßnahmen zu verschaffen – allerdings nicht ohne selbst die Malerrolle zu schwingen. Auch Don Bosco-Direktor Pater Meinolf von Spee und Ausbildungsleiter Wolfgang Marx stehen im Schutzanzug bereit. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Nach einer halben Stunde Arbeit strahlt das Mauerwerk in neuem Glanz.

Der Dachstuhl des Haupthauses hat eine bewegte Geschichte, erzählt Einrichtungsleiter Benedikt Quack: „1980 brach hier ein Feuer aus und zerstörte den Dachstuhl komplett. Ein Jahr später wurde er wieder aufgebaut. Bis 2019 bewohnte dann die Brüdergemeinschaft der Salesianer Don Bosco die Räume, bevor sie ihren Wohnsitz nach Trier-West verlegten.” Nun investieren die Salesianer Don Boscos und die Eduard-Puricelli-Stiftung in die Umgestaltung der Räume, die voraussichtlich rund 2,1 Millionen Euro kosten wird, damit die pädagogischen Konzepte und natürlich auch die Nutzung des denkmalgeschützten Gebäudes auch in Zukunft gesichert sind.

Das pädagogische Konzept für die Intensivgruppen „Turin” und „Pinardi” erläutert Michael Schneider, Pädagogischer Leiter auf dem Helenenberg: „Die Zielgruppe sind männliche Jugendliche ab 14 Jahren, die sexuelle Gewalt ausgeübt haben.” Voraussetzung dafür sei die Bereitschaft zur therapeutischen und pädagogischen Arbeit an ihrer Problemsicht. Die Gruppe „Turin” ist dabei spezialisiert auf Jugendliche mit Lernbehinderung und besonderem Förderbedarf. Es gehe darum, den Missbrauch zu beenden und Lösungsstrategien zur Kontrolle der sexuellen Fantasien zu erarbeiten. Dabei arbeiten die Jugendlichen mit verhaltenstherapeutischer, heilpädagogischer und erlebnispädagogischer Unterstützung daran, eine kongruente Selbstwahrnehmung zu entwickeln und zu lernen, wie man den Alltag gestaltet. Hinzu kommen systemische Methoden und familientherapeutische Angebote. „Verläuft die Hilfe positiv, können die Jugendlichen in ihre Herkunftsfamilie zurückkehren”, so Schneider.

Als Pinsel und Rolle zur Seite gelegt wurden, gab es noch einen Austausch zwischen Bischof Ackermann und vier Jugendlichen aus den Intensivgruppen. Dabei sprachen sie mit dem Bischof über ihre ganz persönlichen Taten, die Arbeit auf dem Helenenberg, Deliktkreisläufe und mehr. Für sie ist klar: „Für uns ist der Helenenberg Königsklasse!“ Bis zum Einzug der Jugendlichen in die neue Unterkunft werden allerdings noch einige Monate ins Land ziehen, bezugsfertig sind die Räume voraussichtlich im September. Bis dahin haben Nadine, Max und David noch einiges zu tun. Anfangen werden sie wohl damit, kleine Fehlerchen an der Wand auszubessern, die Bischof Ackermann, Pater Meinoff und Wolfgang Marx angestrichen haben. Denn die drei Azubis sind schließlich angehende Fachleute für Malerarbeiten – einwandfreie Arbeit ist da Ehrensache.

Weitere Informationen zu den pädagogischen Konzepten, den einzelnen Wohngruppen und Aktionen des Jugendhilfezentrums gibt es auf www.helenenberg.de. (ih)