Kategorien
News

„Herzlichen Glückwunsch – Jetzt sind Sie Deutscher – Mit allen Rechten und Pflichten.“

Kall – Mit diesen Worten überreicht Standesbeamtin Eva Reinecke dem Golbacher Kabalan Aldib seine Einbürgerungsurkunde. Zuvor hatte der 48-Jährige, der Ende 2015 aus Syrien geflohen war, das so genannte „feierliche Bekenntnis“ gemäß § 16 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) abgelegt: „Ich erkläre feierlich, dass ich das Grundgesetz und die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland achten und alles unterlassen werde, was ihr schaden könnte.“

Seine Einbürgerungsurkunde überreicht die Kaller Standesbeamtin Eva Reinecke dem Golbacher Kabalan Aldib. Foto: Alice Gempfer/Gemeinde Kall

„Auch wenn die eigentliche Entscheidung über einen Einbürgerungsantrag bei der zuständigen Behörde des Kreises Euskirchen getroffen wird, ist die Übergabe der Urkunde schon ein besonderer Moment“, sagt Eva Reinecke. Die Standesbeamtin beobachtet in den vergangenen drei Jahren einen Anstieg der Einbürgerungen, was mit der verstärkten Zuwanderung von Schutzsuchenden im Jahr 2015 zu erklären sei: „Viele dieser Menschen haben nun eine feste Arbeit, sie verdienen den Lebensunterhalt für sich und ihre Familien selbständig.“ Das nämlich ist eine der Voraussetzungen, die das Einbürgerungsrecht vorschreibt

So ist es auch bei Kabalan Aldib. Gemeinsam mit ihm wurden seine Ehefrau Alisar Barshin sowie die Kinder Wadeea (16), Silin (9) und Rimi (8) eingebürgert. Alle vier sind vor dem Krieg in Syrien geflohen und haben schwierige Jahre hinter sich. „Aber wir hatten auch großes Glück“, sagt der Familienvater, der 2021 seine Ausbildung zum Krankenpfleger abgeschlossen hat und seitdem im Kreiskrankenhaus Mechernich arbeitet.

Sichtlich ergriffen berichtet er von der großartigen Unterstützung, die er in Kall erfahren habe. Wie viele verantwortungsvolle Familienväter hat auch Aldib sich zunächst alleine auf die lebensgefährliche Flucht gemacht, um Frau und Kinder später auf sicherem Wege nachzuholen. „Am gefährlichsten war die Reise übers Meer“, berichtet er, „wir saßen mit 48 Personen in einem viel zu kleinen Schlauchboot.“ Doch der 48-Jährige, der im syrischen Hama als Englischlehrer gearbeitet hatte, schaffte es und gelangte schließlich nach Kall.

„Und da waren sofort Menschen, die geholfen haben“, erinnert er sich. Die ersten ehrenamtlichen Sprachkurse besucht er bei Esther Lorrig von der Kaller Flüchtlingshilfe, andere Ehrenamtliche halfen bei Behördengängen oder amtlichen Schreiben. Ganz besonders dankbar aber ist Kabalan Aldib dem Ehepaar Anita und Wolfram Königsfeld. „Sie haben mich von Beginn an begleitet und waren immer für mich da“, sagt er und ergänzt: „dafür gibt es keine Worte.“ Über Familie Königsfeld fand der Golbacher, der christlichen Glaubens ist, auch den Weg in den Kaller Kirchenchor, wo er momentan allerdings aufgrund des Schichtdienstes im Krankenhaus pausieren muss.

Bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz unterstützten Anita und Wolfram Königsfeld Kabalan Aldib ebenso wie bei der Einrichtung einer ersten eigenen Wohnung. Als Ende 2016 klar war, dass seine Frau und die Kinder endlich nachkommen durften, machte er sich auf die Suche nach einer Wohnung – ein schwieriges Unterfangen. Dann folgte Bert Reißdörfer als Vorsitzender des Golbacher Bürgervereins einem Aufruf der Kaller Gemeindeverwaltung und bot Wohnraum für Zugewanderte an. Die Wohnung über dem Bürgerhaus war frei geworden und konnte so über die damalige Integrationsbeauftragte vermittelt werden.

Dort also lebt Familie Aldib/Barshin nun seit Januar 2016 glücklich wiedervereint. Der älteste Sohn Wadeea macht gerade den Realschulabschluss, die beiden Töchter Silin und Rimi besuchen die Kaller Grundschule. Ehefrau Alisar Barshin arbeitet an der Anerkennung ihrer Berufsausbildung zur Medizinisch-technischen Assistentin (MTA) die Abschlussprüfung hat sie Anfang Dezember 2022 bereits bestanden.

Ob er noch einen Wunsch habe? Darauf hat der syrisch-deutsche Kabalan Aldib sofort eine Antwort – und zwar eine, die ihm unmittelbar die Tränen in die Augen treibt: „Ich wünsche mir Frieden“, sagt er, „und zwar nicht nur in Syrien, sondern überall auf der Welt.“ Zu sehen, was gerade in der Ukraine passiert, schmerze ihn ebenso wie die Situation seines Herkunftslandes, in dem noch ein Großteil seiner Familie lebt: „Der Krieg zerstört nicht nur das Land und die Gebäude – er macht die Menschen von innen her kaputt. Die Kinder sprechen nur noch vom Krieg, nicht etwa über ihre Hobbys oder die Schule – das ist der Schmerz einer ganzen Generation.“

Abschließend sagt der Familienvater mit Blick auf die Einbürgerungsurkunde: „Das hier ist ein Stück Papier. Auch wenn es große Bedeutung hat, denn ich bin sehr froh, nun Bürger dieses Rechtsstaates zu sein – letztlich ist mir nichts so wichtig wie die Menschen, die ich hier getroffen habe. Sie haben mein Herz berührt, und das werde ich nie wieder vergessen.“