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1,2 Millionen Euro Schaden nach der Flut – Bürgerhalle in Kall wieder ein Rohbau

Kall – Wiederaufbau wird sich noch ein Jahr lang hinziehen – Der Bürgerverein ist seit 15 Monaten ohne Einnahmen – Kassierer Gottfried Schnitzler: „Tränen in den Augen“. Als die NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach zwei Tage nach der verhängnisvollen Flutkatastrophe im Juli vergangenen Jahres mit dem Kaller Bürgermeister Hermann-Josef Esser auch die betroffene Bürgerhalle in Augenschein nahm, war der Vorsitzende des Bürgervereins, Stefan Kupp, noch guter Hoffnung gewesen. Der war beim Besuch der Ministerin gerade dabei, mit einem Schieber Wasser und Schlamm aus der Halle zu befördern – in dem Glauben, dass es damit getan sei und der Verein mit einem blauen Auge davon gekommen sei.

Schatzmeister Gottfried Schnitzler (vorne rechts) berichtete von manch schlafloser Nacht, die der Vorstand des Bürgervereins nach Corona und der Flutkatastrophe hinter sich habe. Foto: Reiner Züll

Tatsächlich sah es anfangs noch so aus, als ob sich die Schäden in Grenzen gehalten hatten. Doch Kupps stille Hoffnung erfüllte sich nicht: Schon drei Tage später hob sich der komplette Parkettboden, und jeden Tag wurden weitere, zunächst unsichtbare Schäden an der Halle sichtbar. Sie erreichten am Ende eine Höhe von 1,2 Millionen Euro, wie ein Gutachter später feststellte.

Jetzt, 15 Monate nach der schlimmen Flut, präsentiert sich die Bürgerhalle wieder im Rohbauzustand, und es ist noch nicht  absehbar, wann sie wieder nutzbar sein wird. Für den Bürgerverein bedeutet das weitere erhebliche Einnahmeverluste, wie Vorsitzender Stefan Kupp und Schatzmeister Gottfried Schnitzler auf der Mitgliederversammlung beklagten.

Vor der Versammlung besichtigten die Vereinsmitglieder die Baustelle in der Halle, wo inzwischen ein neuer Estrich-Boden aufgebracht ist. Wie Stefan Kupp verlauten ließ, hat der Bürgerverein mit der Gemeinde Kall und dem Wiederaufbau-Team unter Leitung von Manfred Poth eine Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen.

In dieser  Vereinbarung werde unter anderem der finanzielle Ablauf des Hallen-Wiederaufbaus geregelt, wobei der Aufbau durch die Elementarversicherung der Gemeinde abgewickelt werde.  Kupp: „Ein Vorteil ist hier, dass der Bürgerverein keine Ausschreibungen durchführen muss, sondern nach Vorlage von drei Angeboten in Rücksprache mit den Fachplanern Aufträge vergeben kann“. Dieses Verfahren erfordere weniger Vorlaufzeit und eröffne die Möglichkeit, vornehmliche regionale Handwerker zu beteiligen.

Derzeit sei der Verein mit der Auftragsvergabe für die Fenster beschäftigt, für die große Gewerke Heizung und Elektro-Installation lägen noch keine Angebote vor. Bezüglich dieser Arbeiten habe kürzlich ein erster Termin mit dem Fachplaner für „Technische Gebäude Ausstattung( (TGA) stattgefunden. „Aufgrund der aktuellen Energielage müssen wir bei der Installation der Heizungsanlage auf zukunftsorientierte Energie- und Heizmöglichkeiten achten“. Man sei noch in der Findungs-Phase über eine mögliche Fußbodenheizung, einer Luftwärmepumpe und einer Photovoltaik-Anlage. Stefan Kupp: „Wir bringen der Neuaufbau der Halle auf den Stand der Technik von morgen und übermorgen“.

Wie die Mitglieder des Vereins beim Hallenrundgang feststellen konnten, ist noch viel zu tun, ehe in der Halle wieder gefeiert werden kann. Ziel des Vorstandes ist eine Wiedereröffnung im Spätherbst nächsten Jahres. Schatzmeister Gottfried Schnitzler: „Ich wäre glücklich, wenn das Weihnachtskonzert der Musikkapelle Kall die erste Veranstaltung in der neuen Bürgerhalle sein könnte“. Bürgermeister Hermann-Josef Esser sah den Wiederaufbau der Halle „auf einem guten Weg“.

Weniger gute Nachrichten nach Corona und der Flut hatte Kassierer Gottfried Schnitzler bezüglich der wirtschaftlichen Lage der Vereins, der seit nunmehr 15 Monaten keinerlei Einnahmen mehr habe. Im Jahr 2020 hätten in der Halle vor Ausbruch der Corona-Pandemie noch fünf Veranstaltungen des Karnevalsvereins stattgefunden. 25 folgende seien Sitzungen und Versammlung der Ausschüsse, des Rates sowie Versammlungen von Feuerwehr und DRK gewesen. Diese hätten alle unter strengen Corona-Auflagen stattgefunden.

In diesem Jahr seien nur 22 Hektoliter Bier geflossen, gegenüber 170 in guten Vorjahren. 9000 Euro habe der Verein als Corona-Soforthilfe bekommen, von denen knapp 6800 Euro jetzt bis zum 31. Oktober   zurückgezahlt werden muss. Schnitzler: „Da kommen mir die Tränen in die Augen“. Insgesamt habe der Verein im Jahr 2020 einen Verlust von rund 2300 Euro verbuchen müssen. Dennoch sei man mit einem blauen Auge davon gekommen.

Ähnlich sei die Situation 2021 gewesen, als die Flut die Halle zerstörte. Geplante Großveranstaltungen hätten abgesagt werden müssen, auch seien Sitzungen nicht mehr möglich gewesen. Mit nur einem Hektoliter verkauftes Bier sei ein Tiefpunkt erreicht worden. Trotz einer Spende der Kreissparkasse von 2500 Euro und einer Zuweisung der Gemeinde von 1000 Euro aus Vereinszuschüssen sei ein weiteres Minus von 2000 Euro zu verbuchen gewesen.

„Der Vorstand hat manch schlaflose Nacht gehabt“, berichtete Gottfried Schnitzler, der auch in diesem Jahr auf Einnahmen verzichten muss. „Wir hangeln uns jetzt mit einer 5000-Euro-Spende der Axa-Versicherung durch das Jahr 2022“; so der Kassierer, der trotzdem zuversichtlich bleibt:  „Wir leben immer noch, aber es wäre schön, wenn es bald wieder aufwärts gehen würde“. (Reiner Züll)