Nürburg – Eine leere Bierdose landet mit lautem „Klonk“ in dem Einkaufswagen am Zaun direkt an der Straße zum Festivalgelände von „Rock am Ring“ in der Eifel. „Danke!“ schallt es vielstimmig von der Gruppe vor einem großen Zelt hinter dem Zaun. Auf gemütlichen Campingstühlen sitzen junge Leute, die sich hier haupt- und ehrenamtlich engagieren. Sie unterhalten sich gut gelaunt, versuchen sich an Zaubertricks, andere versorgen eine sichtlich angeschlagene Festivalbesucherin mit Mineralwasser. Die Dosen und Flaschen aus dem Einkaufswagen sammeln sie zwischendurch immer wieder ein und spenden den Pfand-Erlös nach dem Festival an die Tafel in Daun und an den „Markt für Leib und Seele“ in Adenau. „Gott am Ring“ steht in fetten Lettern auf der schwarzen Jurte.
Gott? Bei „Rock am Ring“, zwischen Campern, Merchandise-Ständen, viel Bier und grölenden Festivalbesuchern? „Ja klar, wenn wir davon ausgehen, dass Gott überall ist und die Kirche raus zu den Menschen gehen soll, dann natürlich auch am Pfingstwochenende zu Rock am Ring“, schmunzelt Philipp Hein. Der Gemeindereferent und Leitungsteammitglied des Pastoralen Raums Adenau-Gerolstein ist schon seit einigen Jahren Teil von „Gott am Ring“. Mit der Frage, was die Kirche bei „Rock am Ring“ zu suchen hat, wird er nicht zum ersten Mal konfrontiert. „Viele wundern sich erst einmal, fragen sich, was erwartet mich in dem Zelt und sind dann überrascht.
Wir sind nicht hier, um zu missionieren, sondern einfach für die Menschen da, egal ob sie ein trockenes Plätzchen, einen warmen Kaffee oder Zuspruch brauchen.“ Es sei ein Bruch mit den Erwartungen, die viele Menschen haben, wenn es um Kirche geht. Sie werde aber schon wahrgenommen als Ort für Krisensituationen: In den vergangenen Jahren habe es durchaus auch ernstere Situationen gegeben, etwa als eine junge Frau ins Zelt kam, deren Freund gerade mit einer schweren Verletzung ins Krankenhaus eingeliefert wurde. „Einmal kam auch ein junger Mann zu uns, der gerade erfahren hatte, dass sein Opa gestorben war.
Das ist eben das Spektrum – es kann reichen von lustigen Besuchen und Klamauk bis hin zu Seelsorgegesprächen“, fasst Hein die Begegnungen mit den Rockbegeisterten zusammen. Premiere bei „Gott am Ring“ hat Gemeindereferentin Alena Becker aus Andernach. In ihrem täglichen Job ist sie für die Kinder- und Jugendarbeit zuständig – jetzt hat sie gerade ihre erste Nachtschicht hinter sich und erzählt, dass das Angebot gut genutzt wurde. „Es ist rund um die Uhr jemand da, wir haben ein offenes Ohr für die Leute. Außerdem gibt es eine Wand mit der Aufschrift ‚Was möchte ich tun, bevor ich sterbe‘, an der die Leute ihre Wünsche hinterlassen können, und Impulskarten, über die man ins Gespräch kommen kann. Auch unsere Fotobox wird ganz gut angenommen.“