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Bischof Ackermann predigte an Karfreitag im Trierer Dom

Region/Trier – „Der Blick auf Jesus am Kreuz ist so etwas wie ein offenes Fenster auf den Menschen in seiner Schwachheit, in seiner Zerbrechlichkeit, in seinem Ausgeliefertsein.“ Das hat Bischof Dr. Stephan Ackermann in seiner Predigt am Karfreitag, 15. April im Trierer Dom betont. Der Blick auf Jesus am Kreuz versperre nicht den Blick auf andere, sondern öffnet ihn.

Ackermann erklärte, in der Liturgie des Karfreitags kehrten die Gläubigen immer wieder zum ursprünglichen Geschehen im Jerusalem des Jahres 33 zurück, weil sie überzeugt seien, dass es sich bei Jesus Christus eben nicht bloß um das Schicksal eines einzelnen, individuellen Menschen handele. „Wir schauen auf ihn und wollen mitfühlen mit ihm, weil wir glauben, dass Jesus derjenige ist, der nicht für sich, sondern ganz für die Anderen gelebt und gelitten hat. So haben Menschen in seiner Nähe dies erfahren. Er war und ist der Mensch für andere. In seiner Existenz ist er ganz Pro-Existenz.“ Wer also auf Jesus, den Gekreuzigten schaue, fixiere sich nicht bloß auf ein einzelnes Individuum in der Geschichte, sondern schaue auf den Menschen schlechthin. Deshalb sei das Wort „Ecce Homo! Seht, der Mensch!“, das Pilatus sagt, als er den gegeißelten Jesus der Menge zeigt, ein solch prophetisches Wort, „wenn wahrscheinlich auch ungewollt“.

Daher sei es gut und wichtig, dass an Karfreitag, aber auch an den Ostertagen, in Verkündigung und Öffentlichkeit auch „Menschen in Karfreitagssituationen unserer Zeit vorgestellt werden“. Ackermann nannte unter anderem die Menschen, die im Krieg in der Ukraine in den bombardierten Städten unter den Trümmern einen erbärmlichen, einsamen Tod sterben, oder die Menschen, die „in unserer Zeit über Tage hilflos auf dem Mittelmeer treiben und schließlich ertrinken, ohne dass jemand jemals wieder von ihnen hört“.

So öffne der Blick auf Jesus am Kreuz auch den Blick auf den Menschen auf dieser Erde, im Hier und Heute: „Der Blick auf Jesus lässt uns, so meine ich, sogar offener werden für das Leid der Menschen. Denn er kann uns Mut machen“, sagte Ackermann. Zwar sähen wir äußerlich betrachtet nichts anderes als jemanden, der ungerecht leidet und mit dem Tod ringt. „Doch mit den Augen des Glaubens dürfen wir schon weiter sehen, dürfen wir schon den Sieg des Lebens ahnen.“ Der Blick auf den Gekreuzigten sei nicht nur der Blick auf den Menschen – Ecce Homo! –, er sei auch Blick auf Gott: Ecce Deus! Seht, da ist Gott! Seht, so ist Gott!

„Der Blick auf Jesus ist also auch das offene Fenster auf Gott hin, und damit ist es das offene Fenster auf Rettung hin. Der Blick auf Jesus am Kreuz ist das Versprechen, dass dies nicht das letzte Bild vom Menschen und das letzte Wort über ihn ist. Das letzte Wort heißt Ostern.“ Der österliche Glaube – richtig verstanden – gebe die Kraft, „nicht auszuweichen, nicht wegzuschauen, sondern auszuhalten. Denn er gibt eine Perspektive. Er zeigt uns das Licht am Ende des Tunnels“.

Am Ende der Feier brachten Bischof Ackermann und die Gottesdienstgemeinde das Kreuz nach altem Trierer Brauch in die Grablege auf dem Altar in der benachbarten Trierer Liebfrauenkirche. (JR)