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Neu gegründete Bürgerinitiative „Unser Cassel“ will Naturzerstörung und Flächenfraß verhindern

Heckenbach-Cassel – Bürgerinitiative fordert Stopp der Gemeindepläne zur Überbauung einer Landschaftsidylle. Neu gegründete Bürgerinitiative „Unser Cassel“ will Naturzerstörung und Flächenfraß verhindern. „Unser Cassel“ nennt sich eine neue Bürgerinitiative – der Akzent lieg auf dem Wörtchen „unser“.

Denn viele Bewohner von Cassel fühlten sich in den vergangenen Monaten von einem Beschluss des Gemeinderats überfahren und fremdbestimmt. Worum geht es?

Plötzlich und gänzlich unerwartet wurden die Bürger von Cassel mit einem Beschluss des Gemeinderats konfrontiert, wonach eine der größten und schönsten Wiesen auf der westlichen Talseite mit 23 Häusern bebaut werden soll. Der ganze Plan soll im „beschleunigten Verfahren nach § 13b des Baugesetzbuches realisiert werden. Die „Beschleunigung“ beruht bei dieser Bestimmung darauf, dass Umwelt- und Naturschutz nur eine nachrangige Rolle spielen. Ziel des Gesetzes ist es, den Städten ein Instrument zur raschen Bekämpfung ihrer Wohnungsnot zu geben. Die Städte sollen Baulücken schließen und am Stadtrand Flächen bebauen können, bei denen erfahrungsgemäß der Naturschutz ohnehin kaum bemüht werden muss. Dass die Landschaft um die Dörfer, in denen es keine Wohnungsnot gibt, plötzlich Bauland werden sollen, lag nicht in der Absicht des Gesetzgebers. Und doch: wie das Umweltbundesamt anhand einer Stichprobenuntersuchung herausgefunden hat, sind es in den weit überwiegenden Fällen die Landgemeinden, die sich die neue Bestimmung zunutze gemacht haben. In aller Eile! Denn die Regelung war ursprünglich auf des Jahresende 2021 befristet (jetzt um ein Jahr verlängert). Das erklärt, warum es zur Empörung der Bürger in Cassel so hopplahopp gegangen ist. Die Bürger verkennen nicht, dass die Wohnungssituation im Ahrtal derzeit kritisch ist. Aber es kann nicht sein, dass im Ahrtal im Gefährdungsbereich nicht mehr gebaut werden darf und neue Gefährdungen im Zuflussgebiet der Ahr jetzt neu geschaffen werden. Außerdem: es gibt genug Bauplätze in den Dörfern der Gemeinde Heckenbach, die ohne Umweltrisiken entwickelt werden können. Niemand konnte den Casselern bislang erklären, warum eine ortsprägende Pferdewiese mit 19% Gefälle ein idealer Bauplatz sein soll.

Jedermann weiß, wie es zur Flutkatastrophe an der Ahr gekommen ist, denn das Wasser hat sich nicht im Tal entwickelt, sondern ist von den Berghängen heruntergeflutet. Der ausgewählte Hang in Cassel hat ein Gefälle von bis zu 19% auf 600m Höhe. Bereits ohne nennenswerte Bodenversiegelung bekommen die Menschen hier die Kraft des Wassers zu spüren, denn die Bäche können nach starken Regenfällen das Wasser nicht fassen. Wie das nach einer Totalversiegelung mit Straßen und vielen Häusern aussehen wird, kann man sich leicht vorstellen. Das Versiegeln dieser Fläche hätte katastrophale Folgen für alle hangabwärts liegenden Gebiete – nicht nur für Cassel.

Die geplante Bebauung mit bis zu 23 Privathäusern hätte drastische Auswirkungen auf den Wasserhaushalt, auf ansässige Landwirtschaftsbetriebe und das gesamte Landschaftsbild des rund 80-Seelen-Dorfes. Auf der vorgesehenen Wiese, auf der jetzt noch die Pferde friedlich grasen und wo nach dem Willen der Gemeinde demnächst die Planierraupen anrollen sollen, haben die Bürger allein mehr als 100 verschiedene Pflanzenarten und eine reiche Tierwelt gezählt. Die Initiative bedauert, dass ein Projekt mit solcher Tragweite ohne Einbindung der Bevölkerung geplant wurde und zur Gründungsveranstaltung am 23. Oktober trotz Einladung keiner der Gemeinde-Repräsentanten erschienen war.

Von der Fläche, die versiegelt werden soll, befindet sich nur ein Bruchteil im Besitz der Gemeinde. Das restliche Land ist Privateigentum, welches aufgrund seiner existentiellen Bedeutung für den ansässigen Pferdezuchtbetrieb nicht zum freiwilligen Verkauf steht. Die Bebauung der beplanten Fläche hätte zur Folge, dass einer der letzten noch aktiven, zudem traditionsreichen und nachhaltig gestalteten Landwirtschaftsbetriebe zurückgedrängt wird und dadurch keine weiteren Entwicklungschancen hat. Es schwebt die Drohung im Raum, dass die Gemeinde mit Erschließungsmaßnahmen beginnt, deren Kosten dann auf die Landwirte umgelegt würden – die müssten dann verkaufen, weil sie die Erschließungskosten nicht tragen könnten.

Das wollen die mehr als 50 Gründungsmitglieder von „Unser Cassel“ mit allen Mittel verhindern. Es kann nach Auffassung der Bürger nicht sein, dass die ländliche Idylle und das Wandergebiet von Cassel zerstört werden, damit sich stadtmüde Bürger von Köln bis Amsterdam Ferienwohnsitze verschaffen. Denn Wohnungsnot gibt es in Cassel nicht, und deshalb gibt es auch keinen vernünftigen Grund, ausgerechnet in Cassel den Flächenfraß zu betreiben.

Weitere Informationen und Unterlagen erhalten Sie bei der Bürgerinitiative „Unser Cassel“, Quellenweg 1, 53506 Heckenbach-Cassel. Kontakt: Esther Josten, unsercassel@gmail.com, Telefon: 01625105030.