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Seelsorgerinnen und Seelsorger aus dem Bistum Trier weiterhin im Ahrtal

Bad Neuenahr – 28 Wochen nach der Flutkatastrophe in der Eifel und an der Ahr gibt es immer noch viel zu tun, und die Aufgaben sowie Probleme scheinen kaum kleiner zu werden. „Daher ist es wichtig, dass Seelsorgerinnen und Seelsorger als verlässliche Ansprechpersonen weiterhin vor Ort sind und bleiben“, sagt Carlo Fischer-Peitz. Der Pastoralreferent ist einer von mehr als 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bistums Trier, die sich neben ihren eigentlichen Einsatzstellen in den betroffenen Gebieten engagieren.

Carlo Fischer-Peitz, Krankenhausseelsorger im Marienhausklinikum in Gerolstein, ist seit August zwei Mal in der Woche im Flutgebiet unterwegs, um den Betroffenen, Helferinnen und Helfern seine Zeit und sein Ohr zu schenken. „Der Redebedarf ist immer noch enorm hoch“, berichtet er. Das kann auch der Trierer Generalvikar Dr. Ulrich Graf von Plettenberg – im Ahrtal stellt er sich einfach als „Ulrich“ vor – nach seinen zwei Seelsorge-Einsätzen bestätigen. Teilweise waren seine Gespräche mit Anwohnern, Passanten und Obdachlosen bis zu einer Stunde lang.

„Das Heizen ist natürlich jetzt ein Schwerpunkt wie auch finanzielle Fragen, aber es kehrt auch eine gewisse Art von Ruhe ein“, weiß Fischer-Peitz. „Was in der Flutnacht passiert ist, war selbstverständlich schon immer Thema in den Gesprächen, aber jetzt wird es emotionaler“, beschreibt er die Situation. Traumatisierungen würden nun eher ersichtlich. „Wenn es anfängt zu regnen triggert das die Menschen oder wenn der Keller wieder vollläuft.“ Bei älteren Menschen werden traumatische Erlebnisse aus dem Krieg wieder präsent. „Aus dem neuen Trauma und den Ereignissen aus der Vergangenheit entsteht ein sogenanntes Traumaknäuel“, sagt Fischer-Peitz, der auch Notfallseelsorger und im Bereich der Traumabewältigung ausgebildet ist.

Die Seelsorgeteams gehen an Orte, an denen sich Menschen versammeln wie die Zelte mit den Waschmaschinen oder die Essenausgabe auf dem Mosesparkplatz in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Dort beginnen Fischer-Peitz und von Plettenberg heute ebenfalls ihre Tour. Dabei begegnen sie Manuela Schlemmer. Sie wohnt in Bad Neuenahr, ist selbst betroffen, aber engagiert sich auf vielfältige Weise für die Menschen in der Stadt. Dabei steht sie in regelmäßigem und engem Austausch mit den Seelsorgern: „Ohne euch würde ich das nicht schaffen!“. „Jeder bringt das ein, was er kann“, sagt Fischer-Peitz und bezieht sich dabei auf Ehrenamtliche wie Frau Schlemmer, aber auch auf seine hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen. „Es tut gut zu sehen, wie aus einer ganz furchtbaren Situation auch Gutes geschehen kann – das gibt Hoffnung.“

Mittlerweile kennt Fischer-Peitz viele Passanten und kann an Gespräche der letzten Tage andocken oder er besucht Menschen daheim. Häufig werde er auch von aufmerksamen Nachbarinnen und Nachbarn auf Personen hingewiesen, denen vielleicht ein Seelsorgegespräch guttun würde oder nach denen „einfach mal jemand schauen muss“. Durch die roten Westen mit der Aufschrift „Seelsorge“ und „Bistum Trier“ sind die Helfer gut zu erkennen.

Von Plettenberg ist bei seinen zwei Einsätzen im Ahrtal aufgefallen, dass sich viele Menschen die Frage stellen: „Ist das der Ort, wo ich bleiben will?“ Zeitgleich spürt er einen Blick nach vorn. Der Generalvikar nimmt die Frage mit nach Trier, wie Kirche sich hier weiterhin engagieren kann. Kontinuität und Verlässlichkeit seien den Anwohnerinnen und Anwohnern wichtig, wirft Fischer-Peitz ein.

„Fast 100 Tage nach der Flut gibt es immer noch viele Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Zum einen liegen sie auf der persönlichen Ebene. Dort muss das Leid verarbeitet werden, wie der Verlust von Familienangehörigen, Erinnerungsgegenständen, von Materiellem – das ist eine große persönliche Herausforderung. Auf der anderen Seite muss das normale Leben wieder aufgebaut werden. Beides wird noch viel Zeit und Arbeit in Anspruch nehmen sowie Geduld verlangen“, lautet Plettenbergs Eindruck.