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IHK Aachen formuliert Forderungen an neue Regierung

Aachen – Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Aachen appelliert mit Blick auf die Bundestagswahl im September an die künftige Regierung, wichtige wirtschaftspolitische Forderungen umzusetzen. „Egal, wer die Wahl gewinnt: Es ist höchste Zeit, die Zukunftsthemen anzupacken“, fordert IHK-Präsidentin Gisela Kohl-Vogel. Ganz aktuell gehe es dabei um den Wiederaufbau der betroffenen Gebiete nach der Hochwasserkatastrophe sowie Maßnahmen, um die Wirtschaft vor derartigen Extremwetterereignissen besser zu schützen. „Was die betroffenen Unternehmen jetzt schnellstmöglich benötigen, ist Klarheit – über eine unbürokratische Soforthilfe, eine langfristige Finanzierung des Wiederaufbaus und beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren.“

Oben auf die Agenda gehöre zudem das Thema Mobilität. „Ob auf Schiene oder Straße, im Wasser oder in der Luft: Wir brauchen eine lückenlose und verlässliche Verkehrsinfrastruktur“, meint Kohl-Vogel.  Das Investitionsniveau müsse auskömmlich und unabhängig von jährlichen Haushaltszuweisungen gesichert sein. Erhalt, Sanierung und Schließung von Infrastrukturlücken müssten im Vordergrund stehen und ausreichende Planungskapazitäten in den Bauverwaltungen dauerhaft gesichert sein. „Intelligente Konzepte sind gefragt, um Personen- und Güterverkehre effizient zu lenken, Verkehre besser zu vernetzen, zu bündeln und auf Angebote des Umweltverbundes zu verlagern“, sagt die IHK-Präsidentin. Eine verlässliche Erreichbarkeit der Zentren sei elementar wichtig für die Einzelhandelsentwicklung und die Sicherung der Nahversorgung.

Auch beim Thema digitale Infrastruktur müsse die neue Regierung „Gas geben“, meint IHK-Hauptgeschäftsführer Michael F. Bayer: „Besonders mit Blick auf den Strukturwandel müssen bei uns im Rheinischen Revier Rahmenbedingungen geschaffen und unterstützt werden, die den schnellen Ausbau von Mobilfunknetzen und die Breitbandanbindung befördern sowie Funklöcher schließen.“

Vorantreiben müsse die Politik zudem den Bürokratieabbau. „Bei diesem leidigen Dauerbrenner-Thema müssen wir endlich weiterkommen“, fordert Bayer. Dazu zähle, die Selbstverwaltung der Wirtschaft zu stärken, E-Government zur Entlastung der Unternehmen einzusetzen und die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) praxistauglich anzupassen. Zudem sei es notwendig, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen.

Um die Wirtschaft insgesamt – und damit auch die Betriebe in der Region Aachen, Düren, Euskirchen und Heinsberg – zukunftsfähig zu erhalten, ist es aus Sicht der IHK erforderlich, Gründungen zu erleichtern und Wachstum zu fördern. Auch dazu könne der Bürokratieabbau entscheidend beitragen: Durch einen erleichterten Datenaustausch zwischen den Behörden ließen sich – mit Zustimmung der Gründer – etwa doppelte aufwendige Angaben vermeiden. Erforderlich sei es auch, Anmeldungen bei den Finanzämtern sowie die Eintragung im Handelsregister zu beschleunigen. „In Deutschland dauert es im Durchschnitt 33 Tage, ein Unternehmen zu gründen – das ist erschreckend!“, kritisiert Gisela Kohl-Vogel und bezieht sich dabei auf einen Report für das Jahr 2020 des Portals „startupdetector“. Zum Vergleich: In Estland dauert laut eines Berichts des Online-Magazins „recode.law“ die Gründung eines neuen Unternehmens in der Regel nur drei Stunden, sämtliche Schritte könnten dort digital erledigt werden.

Auch im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung sieht die IHK Aachen Handlungsbedarf. „Die duale Ausbildung muss als gleichwertige, erfolgversprechende Alternative zu einem Studium etabliert und gefestigt werden“, fordert Kohl-Vogel. So sollten zum Beispiel Auslandsaufenthalte, die wertvolles Know-how in Betriebe bringen, in der Berufspraxis ebenso gefördert werden wie bereits im Rahmen des Studiums. Die IHK-Organisation setze sich deshalb für einen „Austauschdienst Berufliche Bildung“ ein, der sich an den Strukturen des Deutschen Akademischen Austauschdienstes orientiere und Stipendien für Auszubildende, Ausbilder und Absolventen der Höheren Berufsbildung vergebe.

Absolventen und Unternehmen fragten außerdem immer häufiger nach digitalen Leistungsnachweisen und Zeugnissen. Vieles von dem stehe noch im Widerspruch zu gesetzlichen Schriftformerfordernissen und strengen datenschutzrechtlichen Regelungen, meint der IHK-Hauptgeschäftsführer: „Es gilt, gesetzliche Hürden auszuräumen und damit den Weg für medienbruchfreie, digitale Lösungen in der Ausbildung freizumachen.“

Des Weiteren fordert die IHK von der neuen Regierung, die Unternehmensbesteuerung wieder auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau zu bringen. „Die Gewerbesteuer muss grundlegend reformiert und durch eine gewinnabhängige Kommunalsteuer mit eigenem Hebesatzrecht ersetzt werden, die alle wirtschaftlich Tätigen mit einbezieht“, erklärt Bayer. Dabei gelte es, die kommunalen Haushalte zu stärken und die interkommunale Zusammenarbeit zu fördern.

Abschließend wirft der IHK-Hauptgeschäftsführer einen Blick auf den Außenhandel: „Die Politik muss daran arbeiten, internationale Handelsbeziehungen weiter auszubauen und Freihandelsabkommen, zum Beispiel mit Indien, abzuschließen.“