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Technologie-Pionier Sebastian Thrun mit dem Aachener Ingenieurpreis ausgezeichnet

Aachen – Bei der Verleihung wurden viele spannende Visionen skizziert, wie Künstliche Intelligenz das Leben positiv beeinflusst. Es war ein Abend voller Visionen: Im Krönungssaal des Aachener Rathauses wurde Professor Sebastian Thrun am gestrigen Freitag, dem 03.September mit dem Aachener Ingenieurpreis ausgezeichnet. Mit der gemeinsamen Auszeichnung würdigten RWTH Aachen und Stadt Aachen den beeindruckenden Entwicklergeist Thrun, der seit 2003 in Kalifornien beispielsweise als Leiter des Artificial Intelligence Lab an der Stanford University wirkt. „Sebastian Thruns Arbeiten in KI und Robotik haben für die Grundpfeiler gesorgt, auf denen KI-Engineering basiert“, erklärte der Laudator, Prof. Armin B. Cremers vom Bonn-Aachen International Center for Information Technology, und Doktorvater des Preisträgers an der Universität Bonn. Schon seine Bonner Jahre hätten eine unglaubliche Wirkung entfaltet „für Bonn, auch für Aachen, ausstrahlend über NRW hinaus, national und international“.

Dieter Westerkamp, Mitglied der Geschäftsführung des Preisstifters VDI (Verein Deutscher Ingenieure), betonte in seinem Grußwort: „Das Berufsbild von Ingenieurinnen und Ingenieuren unterliegt einem grundlegenden Wandel. Die Künstliche Intelligenz wird noch einmal einen Schub an Veränderungen mit sich bringen. Wir müssen uns der Herausforderung stellen, lebenslang zu lernen und uns immer wieder die Frage stellen: Können wir das, was wir tun, noch besser, kostengünstiger, effizienter oder schneller tun. Und welche Rolle spielt dabei die Künstliche Intelligenz?“

Das Potenzial Künstlicher Intelligenz ist enorm, die RWTH hat entsprechend ein KI-Center gegründet, in dem interdisziplinär die Kompetenzen gebündelt werden. Was KI leisten kann, wurde dann auch vor Ort in Form einer Präsentation der Carologistics veranschaulicht: Die Logistikroboter des Teams aus RWTH- und FH Studierenden wurden jüngst Weltmeister in ihrem Themenfeld.

Sebastian Thrun formulierte bei der Preisverleihung die große Chance, die KI für die Gesellschaft bedeute: „Die Methoden von KI sind bahnbrechend, weil sie Möglichkeiten ergeben, die wir nie vorher gesehen haben. In den letzten Jahrzehnten wurden Computer von Experten programmiert, die für alle Eventualitäten Regeln einbauen mussten. Und jetzt kann der Computer selbst klug werden, zum Beispiel in der Krebserkennung, um Tumore schneller und besser zu finden als die meisten Ärzte.“

Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen als Gastgeberin freute sich, dass die Stadt Aachen zusammen mit der RWTH diesen Preis vergeben kann, denn „Ingenieurkunst wird in Aachen gelebt. Aachen ist innovativ, die vielen Ingenieur*innen machen Aachen stark und sie bleiben auch hier, weil sie hier die Netzwerke und die Lebensqualität lieben. Darauf bin ich sehr stolz.“ Stolz auf diese Symbiose aus Stadt und Wissenschaft ist auch der Rektor der RWTH Aachen, Professor Dr. Ulrich Rüdiger: „Die RWTH ist Impulsgeberin erster Ordnung, aus unserem Jubiläums-Motto ‚Lernen, Forschen, Machen‘ kann man es ableiten: Das ist, was die RWTH für unsere Stadt ist. Wir machen mit dem Wissen etwas. Das ist unser Anspruch. Etwas machen, etwas wagen. Aus dem Wissen Wert schöpfen, Wertschöpfung zum Wohle der Gesellschaft kreieren.“

Einig waren sich beide: „Aachen und RWTH kann man nicht trennen.“ Auch im Ausblick auf die nächsten 15 Jahre ist ihnen nicht bange. „Wir stehen vor großen Herausforderungen“, sagte Keupen. „Wir haben gerade zuletzt deutlich erlebt, wie fragil unsere Welt ist. Wir haben jetzt die Chance, den menschengemachten Klimawandel aufzuhalten, und dazu brauchen Ingenieure, die mit ihrem Wissen Technik entwickeln, die hilft, den Klimawandel aufzuhalten. Das haben wir in Aachen.“  Professor Rüdiger will die Stadt der Zukunft mit den Themen der Zeit füllen: „Diese Themen heißen Zukünftige Energieversorgung, Mobilität, Produktion, Gesundheit und Informationstechnologie. Das will ich auf unserem Campus entstehen sehen, mit Leuten die etwas wagen, ausprobieren wollen. Wir sind in der Lage, einen Beitrag dazu zu leisten, die gesamte Stadt zu entwickeln.“

Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen erinnerte in ihrer Rede an einen Meilenstein der deutschen KI-Forschung: den Roboter RHINO, der im Deutschen Museum in Bonn eigenständig durch die Ausstellung führen konnte. Ein Meilenstein, an dem auch Sebastian Thrun seinen Anteil hatte. „Heute sind die Entwicklungen von Künstlicher Intelligenz auch durch Ihren Beitrag weit fortgeschritten und für viele von uns präsent bis ins tägliche Leben. Ihre Arbeit ist wegweisend und hat große Leistungen erbracht, auf dem viel unseres heutigen technologischen Fortschritts aufbaut. Es ist eine Ehre für Aachen, die RWTH und das Land NRW, dass wir Sie als Preisträger begrüßen dürfen“, sagte Pfeiffer-Poensgen in Richtung des Preisträgers.

Laudator Professor Armin B. Cremers kam noch einmal auf das angesprochene Motto der RWTH „Lernen, Forschen, Machen“ zurück, in dem er diese Merkmale als Inbegriff des Profils von Sebastian Thrun darstellte. „Dazu gehören auch reflektieren, entscheiden, seinen eigenen Weg konsequent gehen. Seine Leistungen und Forschungen sind im von der Jury erstellten Profil ausgezeichnet präsentiert worden. Ich kann der Preisjury nur gratulieren, eine fantastische Wahl getroffen zu haben. Gerade die Erstellung von Systemen in Übereinstimmung mit den humanen Belangen sind ein wichtiger Punkt. Sebastian Thruns Arbeiten haben die Grundpfeiler erstellt, auf denen KI-Engineering basiert, wie wir es uns hier und weltweit vorstellen.“

Für Sebastian Thrun trägt die Entwicklung von K.I. zu einer „Verbesserung des Menschen bei, ohne sie jemals zu ersetzen. Wir haben immer Technologien erschaffen, die uns selbst besser machen. Wir müssen Probleme nicht nur lösen, sondern auch neue Probleme, neue Strukturen finden. Man muss ein offenes Auge haben, Dinge entdecken, die uns später einen großen Nutzen bringen. Wir sind in einer Phase, in der wir viel intensiver Gedanken austauschen, kommunizieren können. Das ist von großer Bedeutung nicht nur für die Technologie, sondern auch für die Geisteswissenschaften und die gesamte Gesellschaft. Wir werden immer besser werden, gerade im Gesundheitssystem. Wir werden auch menschlicher werden. Durch KI, durch Automatisierung können wir uns selbst befreien, kreativer sein.“ Thrun schloss mit einer Vision von Neugier und Stolz: „Ich bedanke mich sehr herzlich und freue mich zu sehen, wie hier in Aachen Kultur und Wissenschaft verzahnt sind. Wir leben in einer Zeit mit einer exponentiellen Explosion an Erfindungen, die uns besser machen. Stellen Sie sich vor, was in den nächsten 150 Jahren passiert.“

Der Aachener Ingenieurpreis ist eine gemeinschaftliche Auszeichnung der RWTH und der Stadt Aachen – mit freundlicher Unterstützung des Vereins Deutscher Ingenieure VDI als Preisstifter. Jährlich ausgezeichnet wird eine Persönlichkeit, die mit ihrem Schaffen einen maßgeblichen Beitrag zur positiven Wahrnehmung oder Weiterentwicklung des Ingenieurwesens geleistet hat. Die Auszeichnung wird bereits zum siebten Mal verliehen. Erster Preisträger war Professor Berthold Leibinger (gestorben 2018), Gesellschafter der TRUMPF GmbH + Co. KG. Es folgten Professor Franz Pischinger, Gründer der Aachener FEV Motorentechnik GmbH, der Astronaut Thomas Reiter, der langjährige Direktor am Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen, Professor Manfred Weck, Professorin Emmanuelle Charpentier als Mikrobiologin und Miterfinderin der Gen-Schere CRISPR-Cas9 und dafür mittlerweile mit dem Nobelpreis ausgezeichnet, und im vergangenen Jahr der Unternehmer Hans Peter Stihl.