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HwK Aachen – Handwerk im Frühjahr: Lage durchwachsen

Aachen – „Der lange Lockdown seit November 2020 bis in das Jahr 2021 hinein verbunden mit Belastungen wie komplexe Hygienekonzepte mit verschärften Arbeitsschutzauflagen und schwierige Materialbeschaffung bei vielfach sinkenden Umsätzen haben die Stimmung in weiten Teilen des Handwerks weiter gedrückt“, beschreibt Peter Deckers, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Aachen, die Situation. „Immer mehr Betriebe in immer mehr Gewerken sind betroffen. Je kleiner der Betrieb ist, desto größer ist die Betroffenheit. Die Ausnahme bilden die Bau- und Ausbauhandwerke. Viele hoffen auf bessere Zeiten im Sommer“, so sein Fazit zu den Ergebnissen der Frühjahrsumfrage der Kammer bei ihren Mitgliedsbetrieben.

Aktuell bewerten 36 Prozent der Befragten ihre Geschäftslage mit „gut“ und 29 Prozent mit „schlecht“. In Summe überwiegen zuversichtliche Meinungen (Geschäftslage gut oder befriedigend) mit 71 Prozent. Dieser Anteil ist im Vergleich zum Herbst 2020 um sechs Prozentpunkte gesunken. Mit Blick auf das Sommerhalbjahr erwarten 24 Prozent eine bessere Geschäftslage, 26 Prozent gehen vom Gegenteil aus, 50 Prozent hoffen auf Stabilität. „Es fehlt eine verlässliche Perspektive“, so Deckers. Der Auftragsbestand ging während des Winterhalbjahres weiter zurück. Nur 58 Prozent der Betriebe melden aktuell gestiegene oder gleich hohe Auftragspolster. Die Auftragsreichweiten liegen im Durchschnitt bei 8,1 Wochen. Im Bauhaupt- und im Ausbaugewerbe liegen sie mit 15,6 beziehungsweise 11,8 Wochen und bei den Handwerken für den gewerblichen Bedarf mit 14,4 Wochen deutlich darüber.

Der Gesamtumsatz ging bei vielen Unternehmen zurück. Nur noch 48 Prozent fuhren entweder bessere oder gleich hohe Umsätze ein. 62 Prozent hoffen, dass es im Sommerhalbjahr besser laufen wird. 34 Prozent der Betriebe haben höhere Verkaufspreise durchsetzen können, entweder wegen stärkerer Nachfrage oder wegen gestiegener Beschaffungspreise. Die Investitionsbereitschaft im Handwerk verharrt auf dem niedrigen Niveau des Vorjahres. 65 Prozent der Chefs investierten mehr oder gleich viel in neue Maschinen, Werkzeuge, Räumlichkeiten und digitale Ausstattung.

Die aktuelle Beschäftigungslage ist seit Herbst 2020 um sechs Prozentpunkte gesunken. 78 Prozent der Betriebe stellten entweder zusätzliches Personal ein oder behielten ihre Teamstärken bei. In der anstehenden wärmeren Jahreszeit wird bei der Mehrheit (74 Prozent) die Zahl der Beschäftigten stabil bleiben;14 Prozent wollen Fachkräfte einstellen.

Die einzelnen Handwerksgruppen

Das Bauhauptgewerbe kommt glänzend durch die Pandemie: 97 Prozent melden entweder eine gute oder befriedigende Geschäftslage. Die Stimmung im Ausbaugewerbe ist nach dem Top-Jahr 2019 aktuell mit 84 Prozent positiver Bewertungen zwar nicht mehr so euphorisch, aber ziemlich gut. Die Stimmungslage der Handwerke für den gewerblichen Bedarf hat sich verbessert: 90 Prozent beurteilen ihre Lage mit „gut“ oder „befriedigend“.

Im Kfz-Gewerbe liefen im vergangenen Halbjahr nur bei 61 Prozent die Geschäfte gut oder befriedigend. Der Werkstattbereich läuft zwar ganz ordentlich, aber der Handelsbereich macht große Sorgen. Der Strukturwandel in der Kfz-Branche wird durch die Pandemie stark beschleunigt. Auch im Nahrungsmittelgewerbe lief es nicht mehr so glänzend wie in den Jahren vor Corona: 73 Prozent melden eine positive Geschäftsentwicklung. Für das Sommerhalbjahr sind die Meisterbetriebe zuversichtlicher: 82 Prozent hoffen auf gute oder stabil laufende Geschäfte.

Nach dem Absturz im vergangenen Herbst hat sich das Zufriedenheitsniveau bei den Gesundheitshandwerkern wieder gefangen. 92 Prozent geben positive Rückmeldungen. Der Blick in die Zukunft ist durchwachsen: 75 Prozent erwarten eine befriedigende oder gute Geschäftsentwicklung. Bei den mehrfach vom Lockdown betroffenen Betriebe im personenbezogenen Dienstleistungsgewerbe ist die Stimmung komplett im Keller und die Verunsicherung sehr groß: Nur 29 Prozent bewerten ihren Geschäftsverlauf mit „gut“ oder „befriedigend“, hingegen 71 Prozent mit „schlecht“. 88 Prozent melden Umsatzrückgänge, die wegen des langen Lockdowns zum Teil dramatisch sind.

Die Regionen

Im vergangenen Halbjahr verzeichnete das Handwerk in den Kreisen Düren und Heinsberg eine etwas bessere Geschäftsentwicklung als in den übrigen Regionen: 76 Prozent der Chefs gaben positive Rückmeldungen, 72 Prozent im Kreis Euskirchen. Beim Handwerk in der Städteregion Aachen sind es nur 64 Prozent.

Lehrlinge und Fachkräfte

Im Jahr 2020 wurden pandemiebedingt nur 2.034 neue Lehrverträge unterzeichnet. Das sind 8,3 Prozent weniger als zum Vorjahreszeitpunkt. Starker Einstieg in diesem Jahr: Bis 31. März haben 389 junge Menschen einen Lehrvertrag unterzeichnet. Das sind rund 16,8 Prozent mehr als zum Vorjahreszeitpunkt.