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Bistum Aachen ernennt fünf unabhängige Ansprechpersonen – Konsequenzen aus Missbrauchs-Gutachten

Aachen, 15.04.2021 – Nach der Veröffentlichung des Missbrauchs-Gutachtens im November vergangenen Jahres geht das Bistum Aachen den Weg der Prävention und Intervention konsequent weiter. Wie geplant haben jetzt fünf unabhängige Ansprechpersonen aus unterschiedlichen Regionen und mit anspruchsvollen beruflichen Expertisen ihre Arbeit im Bistum Aachen aufgenommen. Als Teil der Fachstelle PIA (Prävention, Intervention, Ansprechpersonen) sind Ekkehard Höhl (Aachen), Rainald Rambo (Erkelenz), Martin van Ditzhuyzen (Nettetal), Monika Meinhold (Eschweiler) und Dr. Christina Engels (Aachen) ab sofort erste Anlaufstelle für Betroffene, für Angehörige, für Menschen mit Vermutungsmeldungen und weiteren Fragen. Nach einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren im Jahr 2020 sind die Ansprechpersonen auf der Grundlage der „Ordnung für den Umgang mit sexuellem Missbrauch“ von Bischof Dr. Helmut Dieser ernannt worden. Über die Ernennung freut sich auch der Interventionsbeauftragte des Bistums Aachen, Helmut Keymer: „Ich begrüße das außerordentliche Engagement der neuen Ansprechpersonen sehr und stehe mit allen in einem engen fachlichen Austausch.“

Sichtweise der Betroffenen vertreten

Die Ansprechpersonen führen Beratungsgespräche und unterstützen Betroffene auch in einem eventuellen Verfahren bis zur Anerkennung des Leids und in Nachsorge-Fragen. „Ich möchte für die Betroffenen ein offenes Ohr haben und sie in allen Belangen unterstützen“, fasst Rainald Rambo seinen Auftrag zusammen. Durch seine langjährige Erfahrung als Richter und Mediator weiß der 58-Jährige auf das zu achten, was die Menschen wirklich bewegt. Und Martin van Ditzhuyzen ergänzt: „Wir haben vor allem die Funktion, die Sichtweise der Betroffenen so angemessen wie möglich zu vertreten. Es darf nicht wieder geschehen, dass diese Perspektive anderen Prioritäten untergeordnet wird“, so der freiberufliche Supervisor und Organisationsberater.

Den Verantwortlichen sei es ernst damit, wenn es um die Aufklärung der Vergangenheit, der Prävention und dem entschiedenen Handeln in aktuellen Situationen gehe, unterstreicht Martin van Ditzhuyzen. Auch Monika Meinhold haben die Konzepte des Bistums zur Prävention gegen sexuelle Gewalt nach eigener Aussage überzeugt und schlussendlich auch dazu motiviert, „Ansprechperson“ zu werden. Die 64-jährige Familientherapeutin engagiert sich seit einigen Jahren in einem Verein gegen sexuellen Missbrauch von Jungen und Mädchen (basta!e.V.).

Vertrauen zurückgewinnen  

Alle Ansprechpersonen stammen aus einem fordernden beruflichen Umfeld und haben gelernt, mit sensiblen Situationen umzugehen. „Ich arbeite seit 30 Jahren mit Menschen in beruflichen und privaten Veränderungsprozessen. Somit habe ich sehr viel Erfahrung im Führen anspruchsvoller Gespräche und kenne auch die vielen systemischen Wirkungen, die bei den Auswirkungen von Missbrauch im kirchlichen Kontext eine große Rolle spielen,“ unterstreicht Martin van Ditzhuyzen. Aus Sicht von Dr. Christina Engels sei es auch 40 oder 50 Jahre nach einem Missbrauch für Betroffene sehr wichtig, über die Erlebnisse sprechen zu können und zu erfahren, dass ihr Leid nun auch von der katholische Kirche anerkannt werde. In dieser Hinsicht ergänzt Rainald Rambo, dass die rückhaltlose Aufarbeitung des Unrechts durch sexuellen Missbrauch und die Gewährung einer angemessenen materiellen Anerkennung des erlittenen Leids aus seiner Sicht eine Pflicht der Gemeinschaft und die einzige Möglichkeit sei, Vertrauen zurückzugewinnen.
Verlorenes Vertrauen wieder zu gewinnen: darum geht es auch Ekkehard Höhl. Als Ansprechperson möchte der 52-jährige Lehrer an der Käthe-Kollwitz-Schule in Aachen darauf hinwirken, „dass Kirche mehr ist, dass Kirche selbstkritisch ist und Worten konkrete Taten folgen lässt.“

Das Bistum Aachen plant darüber hinaus, noch in diesem Jahr einen Betroffenenbeirat sowie eine unabhängige Aufarbeitungskommission ins Leben zu rufen. Dazu hat sich Bischof Dr. Helmut Dieser mit der Gegenzeichnung der Gemeinsamen Erklärung von Deutscher Bischofskonferenz (DBK) und dem Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung (UBSKM) verpflichtet. (iba / Na 014)