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IHK-Forum Blauer Teppich: Die Zukunft hat begonnen

Aachen, 11.03.2021 – Das Rheinische Revier wird ein international renommierter Hotspot für klimaneutrale Wirtschaft. Dieses Ziel haben sich die Teilnehmer des Blauen Teppichs gesetzt, dem ersten digitalen IHK-Forum. Experten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung diskutierten live mit IHK-Präsidentin Gisela Kohl-Vogel über die Zukunft der Innenstädte und das Gelingen des Strukturwandels. Alle Akteure sind sich einig: Es gibt viel zu tun, um Städte wieder attraktiver zu machen, mehr Wertschöpfung in der Region zu generieren, die Energiewende zu meistern und neue, nachhaltige Arbeitsplätze zu schaffen. Durch einen gemeinsamen Kraftakt ist all das möglich – und der Region steht eine prosperierende Zukunft bevor. „Daran arbeiten wir mit allen Akteuren“, betont Kohl-Vogel und ist überzeugt: „Die Zukunft hat begonnen.“

Gaben im virtuellen Studio der IHK Aachen Antworten auf die drängende Frage, wie Innenstädte wieder attraktiver werden (v.l.): Klaas Wolters, Gisela Kohl-Vogel und Sibylle Keupen. Foto: IHK Aachen / Andreas Herrmann

Mehr als 1.000 Interessierte haben sich zur Premiere des Blauen Teppichs registriert – weit mehr als doppelt so viele Teilnehmer wie bei der bisherigen Jahresvollversammlung der IHK im Krönungssaal des Aachener Rathauses. Dieser war auch diesmal die Kulisse für den Empfang der IHK Aachen, wenngleich virtuell. Umso greifbarer waren die Ergebnisse der beiden Talk-Runden, die live ins Internet gestreamt wurden: Konkrete Vorschläge zur Zusammenarbeit, innovative Ideen zur Bewältigung akuter Herausforderungen und klare Forderungen zur Neugestaltung der Innenstädte, zum Bürokratieabbau oder zur Neuansiedlung von Unternehmen in der Region.

Thema Strukturwandel: Die Region entfesseln und durchstarten

Investitionswillige Unternehmen, international renommierte Hochschulen,  vielversprechende Forschungsprojekte – und viele kreative Menschen, die ihre Region voranbringen wollen: Das Rheinische Revier birgt ideale Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zukunft. Es gibt jedoch Hindernisse, die – da sind sich die Akteure des Blauen Teppichs einig –  aus dem Weg geräumt werden müssen, um endlich durchzustarten. „Wir wollen eine Fertigung für Elektrolyseure zur Herstellung von Wasserstoff vor Ort aufbauen und bis zu 400 Arbeitsplätze schaffen“, kündigt Stefanie Peters an. Die Geschäftsführende Gesellschafterin der Neuman & Esser Group aus Übach-Palenberg hat Großes vor. „Unser Unternehmen ist H2-ready, wir wollen die Wasserstoff-Technologie ins Ausland exportieren und arbeiten daran, dass das Rheinische Revier eine der führenden Wasserstoff-Regionen wird.“ Doch dafür müssen die Rahmenbedingungen besser werden. „Wir wünschen uns schnelle, unbürokratische Genehmigungen für den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft“, sagt Peters, zugleich Mitglied im Nationalen Wasserstoffrat der Bundesregierung.

Thomas Hissel, Kämmerer der Stadt Düren und Sprecher der Anrainerkommunen der Braunkohletagebaue im Rheinischen Revier, verweist auf ein weiteres drängendes Problem: Die Anrainerkommunen müssen wegbrechende Arbeitsplätze kompensieren. Dafür benötigen sie mehr Gewerbeflächen. „Gemeinsam mit der IHK Aachen ringen wir um jeden Hektar.“ Peters kann das bestätigen: Ihr Vater hat 1972 das Familienunternehmen von Aachen in den Kreis Heinsberg verlagert, da die Stadt die benötigten Gewerbeflächen nicht anbieten konnte. „Das zeigt, wie lange schon fehlende Flächen ein Problem für Unternehmer aus der Region sind“, bilanziert Kohl-Vogel und fordert von Politik und Verwaltung mehr Unterstützung, damit Firmen vor Ort expandieren können. Kohl-Vogel: „Nur so entstehen die dringend benötigten neuen Arbeitsplätze.“

Trotz dieser und weiterer Herausforderungen sehen 92 Prozent der befragten Teilnehmer des Blauen Teppichs den Strukturwandel als Chance für die Region. „Das ist ein überragendes Ergebnis. Wir sind auf dem richtigen Weg“, ist Dr. Tim Grüttemeier überzeugt. Der Aachener Städteregionsrat bestätigt als frisch gewählter Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der Zukunftsagentur Rheinisches Revier (ZRR): „Das Thema Strukturwandel ist komplex, kontrovers und schwierig. Deshalb will die ZRR so viele Akteure wie möglich zusammenbringen. Denn wir benötigen am Ende konkrete Projekte, um die Menschen und Unternehmen vor Ort mitzunehmen.“

Nahm stellvertretend für das Siegerteam des Ideenwettbewerbs der IHK Aachen die Glückwünsche von Gisela Kohl-Vogel entgegen: Anushan Rajakulanathan, Studierender an der der RWTH Aachen. Foto: IHK Aachen / Andreas Herrmann

Das ist auch das Ziel der Landesregierung: „Eines unserer zentralen Anliegen ist es, Wirtschaft und Wissenschaft noch enger miteinander zu verzahnen, um Innovationen voranzutreiben“, sagt Christoph Dammermann, Staatssekretär des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen. „Wir müssen die vielen guten Ideen, die in unserem Land entstehen, in den Markt bringen.“ Neben dem Ziel, klimaneutral zu werden, müsse Nordrhein-Westfalen ein starkes Industrieland bleiben. „Eine sichere Energieversorgung ist hierfür unersetzlich“, konstatiert Dammermann – ein Anliegen, das auch die IHK Aachen konsequent unterstützt.

Kohl-Vogel blickt optimistisch in die Zukunft: „Die positiven Veränderungen des Strukturwandels sind initiiert und mitten in der Umsetzung.“ Zugleich appelliert die IHK-Präsidentin an alle Akteure: „Helfen Sie mit, machen Sie mit! Wir als IHK Aachen werden den Prozess des Strukturwandels weiterhin intensiv vorantreiben. Denn ist unsere Wirtschaft erfolgreich, ist unsere gesamte Region erfolgreich.“ Ziel sei es, auch den nachfolgenden Generationen eine erfolgreiche Zukunft zu garantieren.

Um dieses Ziel zu erreichen, setzt die IHK Aachen schon heute auf junge Impulsgeber aus der Region. Deshalb hat sie einen Ideenwettbewerb für Studierende organisiert: 32 Teams haben Zukunftsszenarien für das Rheinische Revier entwickelt und die Frage beantwortet, wie der Strukturwandel gelingen kann. Die fünf besten Konzepte wurden im Rahmen des Blauen Teppichs mit insgesamt 3.200 Euro prämiert. Den ersten Platz erzielten Anushan Rajakulanathan und Nicolas Klein von der RWTH Aachen. Die beiden Studierenden reichten der IHK Aachen konkrete Handlungsempfehlungen für die Politik ein. Kohl-Vogel verspricht: „Wir werden die Ideen in die aktuelle Diskussion einbringen.“

Thema Innenstadtentwicklung: Gemeinsam Städte attraktiver machen

Könnte eine Millionenmetropole wie Paris Vorbild sein für Städte wie Aachen, Düren, Euskirchen oder Heinsberg? Durchaus – indem den Kommunen die Stärken ihrer Vergangenheit bewusster werden und sie diese mit nachhaltigen Zukunftsprojekten verbinden. Die französische Hauptstadt will die Champs-Élysées wieder zu einer Flaniermeile im Stil des 19. Jahrhunderts umgestalten, in der das Leben der Millionenstadt pulsieren soll. „Großartig“ findet das Aachens Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen. „Die Theaterstraße in Aachen war im 19. Jahrhundert auch eine Flaniermeile. Wir könnten sie für die Menschen zurückerobern, indem wir etwa Raum für mehr Grün, für Cafés und Außengastronomie ermöglichen.“ Generell benötigt eine moderne Innenstadt künftig eine Mischung aus Handel, Handwerk, Wohnen, Gastronomie, Kultur und Forschung – und einen Mobilitätsmix, der all diese Orte leicht zugänglich macht. „Das ist eine historische Aufgabe“, sagt Keupen. „Wir brauchen eine gemeinsame Vision, um wieder mehr Aufenthaltsqualität in unseren Städten zu erreichen.“

Auch Klaas Wolters ist überzeugt: „Mehr Mischformen sind notwendig, damit unsere Innenstädte wieder attraktiver werden.“ Der Aachener Einzelhändler und Vorsitzender des Aufsichtsrates des Märkte und Aktionskreis City e.V. Aachen (MAC) plädiert für einen kollektiven Kraftakt aller Akteure: „Da sind auch Eigentümer von Immobilien und Investoren gefordert.“ In einem Online-Voting wünschten sich 79 Prozent der Teilnehmer des Blauen Teppichs mehr Anreize für die Innenstädte. „Da muss etwas passieren“, fordert Kohl-Vogel und kündigt an, mit Vertretern der Wirtschaft, Politik und Verwaltung Lösungen zu erarbeiten, damit die Städte in der Region nach der Corona-Pandemie wieder zu Anziehungspunkten werden.

Aufzeichnung des Blauen Teppichs auf YouTube abrufbar.


Nach den Talk-Runden nutzten zahlreiche Teilnehmer des Blauen Teppichs die Möglichkeit, in spontanen Videochats zu diskutieren, neue Kontakte zu knüpfen und bestehende zu intensivieren. Für alle, die nicht an dem ersten digitalen IHK-Forum teilnehmen konnten, veröffentlicht die IHK Aachen eine Aufzeichnung des Live-Streams ab Donnerstag, 11. März, auf ihrem YouTube-Kanal.