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Ein wahres Organisations-Talent: Stadtbibliotheks-Leiter Manfred Sawallich geht in den Ruhestand

Aachen, 26.02.2021 – Die kyrillische Schrift zu lesen, ist für ihn kein Problem – genauso wenig wie organisieren, neue Ideen entwickeln, gut mit Menschen umgehen und große Projekte umsetzen. Vielseitig begabt – das muss er als Leiter der Stadtbibliothek auch sein. Nach fast 43 Jahren geht Manfred Sawallich nun in Rente. Groß feiern können wird er seine Verabschiedung nicht – was auch für den 190. Geburtstag der Stadtbibliothek dieses Jahr gilt. „Dann lieber auf 2031 und die 200-Jahr-Feier konzentrieren, bei der ich auch gern für einen Gastbeitrag vorbeikomme“, sagt der 65-Jährige und lacht.

Mitarbeiter*innen sind das Kapital

Begonnen hat seine Karriere in der Stadtbibliothek vor 43 Jahren: Damals fing der in Bitburg in Rheinland-Pfalz geborene Sawallich nach dem Studium der Bibliothekswissenschaft an der Technischen Hochschule Köln in Aachen an. Als Bibliothekar hat er unter anderem den historischen Buchbestand im Gewölbekeller der Stadtbibliothek betreut. Wer einmal seine Führungen dort unten besucht hat, weiß, dass diese stets mit interessanten Fakten gespickt waren – denn Manfred Sawallich kennt die Geschichten hinter den Büchern.

Als er im Mai 2008 schließlich Stadtbibliotheksleiter wurde, war das ein wichtiger Meilenstein im Leben von Sawallich: „Diese Verantwortung zu übernehmen, war ein gewaltiger Schritt. Ich hatte unglaublichen Respekt vor den Aufgaben. Ich wusste, ich kann es, aber ich habe mich gefragt, ob ich meinen eigenen Ansprüchen gerecht werde.“

Und ist er seinen Ansprüchen gerecht geworden? „Das müssen andere beurteilen“, sagt Manfred Sawallich und schmunzelt. Der Leiter der Stadtbibliothek ist bescheiden, spricht nicht gern über sich selbst, sondern lieber über das Team: „Ich bin so stolz auf meine Mitarbeiter*innen, die mich auf all den Wegen begleitet haben, und ich bin dankbar für das Vertrauen, das mir immer entgegengebracht wurde.“ Schließlich seien seine Mitarbeiter*innen das eigentliche Kapital in der Bibliothek, und nicht der Bestand.

Youthfactory geschaffen

Zusammen haben Manfred Sawallich und seine 61 Mitarbeiter*innen in der Vergangenheit große Projekte umgesetzt und somit den Bürger*innen der Stadt Aachen Zugang zu Wissen, Information und Bildung ermöglicht sowie Freizeitangebote geschaffen. Die Digitalisierung war ihm neben dem analogen Angebot immer enorm wichtig: Manfred Sawallich hielt sich stets auf dem Laufenden über neue Medien und war derjenige, der im Jahr 2013 die Onleihe initiiert und für das Projekt beispielsweise Bibliotheken aus Heinsberg, Simmerath und Düren gewonnen hat. Mit der Onleihe Region Aachen können interessierte Bürger*innen online eBooks ausleihen.

Was Manfred Sawallich außerdem sehr am Herzen liegt: Kinder und Jugendliche. Mit der Youthfactory hat der Leiter der Stadtbibliothek einen eigenen Raum für Jugendliche geschaffen. Im Erdgeschoss finden sich Sitzmöglichkeiten, ein Billardtisch und Videospiele – zwischendrin immer mal wieder ein Buch. Dieses Konzept scheint zu funktionieren: „Plötzlich hatten wir wieder mehr Jugendliche in der Bibliothek“, sagt Manfred Sawallich und freut sich darüber, denn das Wichtigste war ihm stets eines: die Weiterentwicklung der Bibliothek, um sie als Aufenthalt- und Lernort weiter voranzubringen.

Mehr als 900 Veranstaltungen angeboten

Dafür haben der Stadtbibliotheksleiter und seine Mitarbeiter*innen auch jedes Jahr mehr als 900 Veranstaltungen angeboten: Führungen, Leseklubs, Aktionstage, Ausstellungen, Workshops für Schüler*innen und vieles mehr. „Wir machen hier keine spektakulären Veranstaltungen, sondern wollen den Bürger*innen einfach einen Ort zur Kommunikation und zum Austausch bieten“, betont Sawallich. Das Kennzeichen seiner Bibliothek: kleinteilige und menschennahe Formate statt Leuchtturmprojekte.

Deswegen ist er auch froh, dass das Angebot weit über die Zentralbibliothek am Bushof hinaus die Menschen im gesamten Stadtgebiet erreicht: Mit den zwei Stadtteilbibliotheken in Haaren und im Depot an der Talstraße, den vier Nebenstellen in Walheim, Kornelimünster, Bildchen und Oberforstbach sowie dem Bücherbus Fabian stehen interessierten Bürger*innen insgesamt 240.000 Medien zur Ausleihe zur Verfügung.

Selbstverbuchung kommt im Herbst

Manfred Sawallichs letztes großes Projekt ist die Selbstverbuchung mit einem automatischen Rückgabesystem für die etwa 6000 Bücher, die pro Tag zurückgebracht werden, und die damit verbundene Neugestaltung des Erdgeschosses des Standortes Couvenstraße: „Das Meiste an Technik steht inzwischen schon und somit kann die Selbstverbuchung voraussichtlich im Herbst an den Start gehen“, sagt der Stadtbibliotheksleiter und freut sich darüber, dass seine Mitarbeiter*innen das von ihm initiierte Projekt zum Abschluss bringen.

Für den besonderen Tag, wenn das Selbstverbuchungssystem für die Bürger*innen freigegeben wird, kommt Manfred Sawallich sicherlich an seine alte Wirkungsstätte zurück. Aber erst einmal freut er sich darauf, in seiner Wahlheimat Lammersdorf viel Zeit mit seiner Frau, seinen drei Kindern und drei Enkelkindern zu verbringen. Dann hat er auch wieder mehr Zeit, sich auf seine Hobbys zu konzentrieren: Manfred Sawallich ist Mitglied im örtlichen Judo und Ju-Jutsu Club, im Heimatverein und in einer Theatergruppe – also ein vielseitig begabter Mensch nicht nur im Beruf.

Seinen Abschied geht der 65-Jährige genauso gelassen an, wie er es all die Jahre in seiner Funktion als Stadtbibliotheksleiter stets vorgelebt hat: „Ich habe guten Grund, mich auf die Rente zu freuen, weil ich weiß, dass ich mir überhaupt keine Gedanken machen muss. Das Haus und die Mitarbeiter*innen sind bestens aufgestellt und für die Zukunft gerüstet.“