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Im Corona-Lockdown ist deutlich geworden, wie wichtig die Möglichkeit zur Selbstversorgung ist

Kall-Dottel, 16.09.2020 – Es ist unübersehbar in der Eifel: Die Erntezeit naht. Wenn der Spätsommer immer weiter ins Land zieht, werden auch die ersten Baumfrüchte reif. Bevor Äpfel und Birnen in Hülle und Fülle an den Ästen hängen, sind es die Pflaumen, die leuchtend blau zwischen den grünen Blättern zu sehen sind. Ein willkommener Anlass für Friede Röcher und Uli Meisen, in Dottel einen Selbstversorgermarkt mit Erzeugnissen aus ihren Gärten und denen ihrer Nachbarn zu veranstalten. Eier und Honig konnten die Besucher dort am vergangenen Samstag erwerben – und noch einiges mehr.

Die Organisatoren lockten außerdem mit einer Premiere für Dottel: Mit „Tilly‘s Backstübchen“ hat sich eine neue Bäckerei in dem Kaller Ortsteil angesiedelt. Am Samstag öffnete sich zum ersten Mal das Fenster, durch das die Kunden frischen Pflaumenkuchen entgegennehmen konnten.

„In den letzten drei Monaten konnten die Kunden ihre Waren nur bestellen, am Wochenende wurden sie dann ausgeliefert“, berichtete Natalie Tillenburg, die mit ihrem Mann Sven das Backstübchen betreibt. Als Bäckermeister habe er die Backstube in die ehemalige Waschküche im Keller ihres Elternhauses eingebaut und damit einen Traum verwirklicht. „Wir wollen demnächst auch wochentags öffnen“, kündigte Tillenburg an. Kontakt mit „Tilly’s Backstübchen“ könne man über Facebook aufnehmen.

Aus eigener Kraft viel erreichen

Die Idee zu dem kleinen Dorfmarkt war Röcher und Meisen während des Lockdowns in der Corona-Pandemie gekommen. Denn dabei sei deutlich geworden, wie wichtig es sei, auch auf die Selbstversorgung Wert zu legen. „Wir müssen davon ausgehen, dass manche Dinge dann zeitweise nicht zu bekommen sind“, sagte Röcher. So sei es gut, sich nicht von Gemüse- und Obstimporten aus Übersee abhängig zu machen. „Wir können mit unserer Kraft viel erreichen“, sagte sie.

Als im April die Pflanzenbörse in Gemünd ausgefallen sei, hätten sich die Dorfbewohner unter Berücksichtigung aller Hygieneregeln getroffen, um noch etwas Geselligkeit zu leben, erzählte Röcher. Dabei sei deutlich geworden, dass die Vermarktung der heimischen Produkte zum Erliegen gekommen war. „Die Eier der Hühner von Heike und Willy Dahmen mussten zeitweise weggeworfen werden, weil die Kunden sich nicht trauten, an der Tür zu klingeln“, sagte sie. Auch der Honig von Thomas Milfeits Bienenvölkern habe keine Abnehmer gefunden. Beides konnte nun auf dem kleinen Markt in Dottel erworben werden.

Informationen über Nisthilfen, Naturgärten und das Projekt „Na-Tür-lich Dorf“ gab Jennifer Thelen von der Biostation Nettersheim. Dazu offerierte Meisen die Früchte von den rund 120 Bäumen, die er auf seiner Wiese in Dottel hegt und pflegt. Außerdem bietet der Pomologe, wie die Obstkundler in der Fachsprache heißen, die Möglichkeit an, alte Apfelsorten aus den heimischen Gärten zu bestimmen.

Ein weiteres Beispiel für die vielfältigen Möglichkeiten der Selbstversorgung waren die „Dotteler Waschsäckchen“: kleine, mit Efeu befüllte Stoffbeutel. „Efeu enthält Saponide, diese Beutel kann man in die Waschmaschine legen“, erläuterte Röcher. Oft werde sie gefragt, ob das nicht die Maschine kaputtmache, aber das sei nicht der Fall.

Auch in Zukunft kann in Dottel in „Ulis Obststübchen“, Annaweg 2, die Ernte von den Obstwiesen erworben werden, die Meisen pflegt. Die Öffnungszeiten sind samstags von 10 bis 14 Uhr. Freitags ist das Obst auf dem Wochenmarkt in Kall zu bekommen, der von 10 bis 13 Uhr auf dem Parkplatz hinter dem Rathaus stattfindet.