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Feuerschutz in Mechernich bleibt weiter durch ehrenamtliche Feuerwehr geregelt

Mechernich, 03.02.2021 – Mit rund 29.000 Einwohnern ist Mechernich als mittlere kreisangehörige Stadt eigentlich gehalten, hauptamtliche Kräfte für den Betrieb einer rund um die Uhr besetzten Feuerwache bereitzuhalten.

In die Freiwillige Feuerwehr investierte die Stadt Mechernich seit 2012 insgesamt 8,7 Millionen Euro. Jüngst wurden die beiden Löschgruppen Strempt und Weiler am Berge mit zwei neuen Tanklöschfahrzeugen ausgestattet. Die Schlüssel dazu überreichte ihnen Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick (7.v.l.) im Beisein von Mechernichs stellvertretendem Wehrführer Thomas Wolff (8.v.l.). Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Weil die Freiwillige Feuerwehr als ehrenamtliche Truppe der Stadt Mechernich aber technisch sehr gut ausgestattet und professionell aufgestellt ist, konnte jetzt die Bezirksregierung Köln den Mechernichern guten Gewissens erneut eine Ausnahmegenehmigung von der Einrichtung einer hauptamtlichen Wehr erteilen.

Auf regelmäßigen Austausch wird Wert gelegt: Die Feuerwehrspitze mit Jens Schreiber (Leiter der Feuerwehr, Mitte) und seinen beiden Stellvertretern, Thomas Wolff (3.v.r.) und Claus Möseler (2.v.r.) mit, Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick (2.v.l.), Thomas Hambach (r.), Silvia Jambor und Constantin Hochgürtel (l.). Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

„Dass der Brandschutz in Mechernich weiter ausschließlich mit ehrenamtlichen Kräften erfüllt werden kann, ist nicht selbstverständlich. Darauf sind wir als Stadtverwaltung und auch die Feuerwehrspitze stolz. Die Frauen und Männer, täglich unterwegs im Dienst des Nächsten, leisten hervorragende Arbeit“, so Thomas Hambach. Es sei ein Paradebeispiel dafür wie mit einem großen ehrenamtlichen Engagement eine Pflichtaufgabe der Kommune erfüllt werden kann.

Jens Schreiber (v.l.), Thomas Wolff und Claus Möseler wurden 2018 wiedergewählt und blicken mit Stolz auf ihre professionelle Truppe, in der 398 ehrenamtlich im Einsatz sind für ihre Mitbürger. Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Mit der Freiwilligkeit und dem damit verbundenen Einsatz ehrenamtlicher Kräfte kann die Stadt zwar auf größere Ausgaben personeller Art verzichten, trotzdem lässt sie sich die Wehr einiges kosten. In den zurückliegenden Jahren seit 2013 wurde, wie im jüngsten Brandschutzbedarfsplan von 2020 ersichtlich 8,7 Millionen Euro in deren Ausrüstung, den Fuhrpark und Gerätehäuser investiert.

Nicht ohne Grund lobt der Forplan-Gutachter Patrick Habeth die Mechernicher Einsatzkräfte im Rat der Stadt als „hervorragend aufgestellte Truppe“. Dass sie so gut dasteht, daran haben die Aktiven und Helfer mit ihrem Engagement, 24 Stunden täglich, einen maßgeblichen Anteil.

398 Aktive

Mit 398 Aktiven (organisiert in 15 Löschgruppen) ist die Mechernicher Feuerwehr zahlenmäßig sogar eine der größten im Kreis. Das Durchschnittsalter der Mechernicher Einsatzkräfte liegt mit 36,3 Jahren auf einem guten Niveau. Geführt wird sie von einem bewährten Trio an der Spitze mit Stadtbrandinspektor Jens Schreiber (Leiter der Feuerwehr), Stadtbrandinspektor Claus Möseler (Stellvertretender Leiter) und Stadtbrandinspektor Thomas Wolff (Stellvertretender Leiter).

„Unsere Kameradinnen und Kameraden der Einsatzabteilungen wurden im vergangenen Jahr zu 383 Einsätzen gerufen“, so Schreiber. Sie rückten damit statistisch gesehen mindestens einmal täglich zu einem Ernstfall aus. Seelische und körperliche Herausforderungen inklusive. Nicht selten ist man bei der Hilfe mit menschlichem Leid konfrontiert, das verarbeitet werden muss.

„Jeder Einsatz ist anders“, so Schreiber: „Gleich ist, der Adrenalin-Schub beim Alarm, die Gedanken während der Alarmfahrt: Was erwartet mich? Können wir helfen?“ Auch kuriose Fälle sind darunter, wie bei einem der jüngsten Einsätze, wo sie nicht nur Menschenleben, sondern auch Greifvögel und Reptilien aus der brennenden Burg in Kommern retten mussten.

Da ehrenamtliche Feuerwehrleute im Alltag ihre „normalen“ Berufe ausüben und damit ihre „Brötchen“ verdienen, schreiben die Landesfeuerwehrgesetze vor, dass die Arbeitgeber ihre Mitarbeiter für Feuerwehreinsätze freistellen müssen. Die Ausfallzeiten können sich die Arbeitgeber von den Kommunen erstatten lassen, so auch in der Bleibergstadt.

„Um die ehrenamtlichen Kräfte beneidet uns die ganze Welt“, lobt auch Hartmut Ziebs, der ehemalige Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV) nicht ohne Grund. Dadurch können Hilfsfristen (Zeit vom Absetzen des Notrufs bis zum Eintreffen der ersten Helfer an der Einsatzstelle) realisiert werden, die auch in der Fläche bei unter 15 Minuten liegen. Nirgends sonst ist das Helfernetz im Bereich des Brandschutzes so eng wie in Deutschland und Österreich.

Truppe im Wandel

Reine Feuerwehren zur Brandbekämpfung sind die Truppen jedoch schon lange nicht mehr. „In den vergangenen Jahrzehnten hat sich das Einsatzspektrum extrem verschoben. Einen Großteil unserer Einsätze machen mittlerweile technische Hilfeleistungen aus, dazu gehören vor allem Verkehrsunfälle“, so Schreiber. Aber auch Umweltschäden durch ausgelaufenes Benzin oder Öl oder austretende Chemikalien verhindern sie.

Schreiber räumt mit einst gängigen Vorurteilen auf: „Das Feuerwehr-Klischee von der saufenden Männertruppe gehört der Vergangenheit an.“ Vielmehr zeichne Pflichtbewusstsein und die Professionalität eines jeden einzelnen die Mechernicher Feuerwehr aus. Die gute Ausstattung tue ihr Übriges dazu. „Früher konnte man mit der 50 D-Mark teuren Einsatzjacke nicht in das brennende Haus gehen. Heute mit der 800 Euro werten, hitzebeständigen Einsatzuniform funktioniert das.“

Mit einer vorbildlichen Jugendarbeit setzen sich Schreiber und sein Team für die Nachwuchsgewinnung ein – und 131 Kinder und Jugendliche machen im Stadtgebiet schon mit. „In den Gruppen findet, außer natürlich in Corona-Zeiten, allgemeine Jugendarbeit statt – von sozialer Bildung über sportliche Aktivitäten bis hin zu Zeltlagern. In den Jugendfeuerwehren werden Werte wie Teamwork und Gemeinschaft, aber auch Zuverlässigkeit und Disziplin geprägt und natürlich erste Kenntnisse in Sachen Brandschutzbekämpfung vermittelt“, so Schreiber. Im Oktober ging sogar eine Kinderfeuerwehr mit 30 Mitgliedern und „Sitz“ und Unterricht in Strempt an den Start – die dritte im Kreis Euskirchen.

Feuerwehrchef Schreiber steht und wirbt für Transparenz. „Enorm wichtig ist uns, Verständnis für unsere Aufgabe und Arbeit in Politik und Bürgerschaft bewirken.“ Gemeinsam hatten Feuerwehrspitze und Stadtverwaltung 2019 sogar einen Informationsabend für Mitglieder des Stadtrates 2019 organisiert. Auch ein regelmäßig stattfindender Runder Tisch im Rathaus wurde etabliert. „Einladungen zu Fraktionsgesprächen haben uns gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, freut sich Schreiber.

Neue: Herzlich willkommen!

Wie bei vielen ehrenamtlichen Wehren ist in Mechernich die Tagesverfügbarkeit ein Thema, weil viele Einsatzkräfte zwischen acht und 18 Uhr ihrer Arbeit außerhalb des Stadtgebietes nachgehen und damit während dieser Stunden nicht einsetzbar sind. „Dafür unterstützen uns zwanzig Berufstätige aus anderen Wehren, die tagsüber im Stadtgebiet arbeiten“, erläutert Schreiber.

Das helfe, letztlich freue man sich aber über jeden, der neu dazustosse. „Interessenten können sich gerne einfach vor Ort bei der Feuerwehr melden. Auch Quereinsteiger seien willkommen. In einer Truppmannausbildung (Grundausbildung) werden Basis-Tätigkeiten und Grundwissen vermittelt, auf das in weiterführenden Lehrgängen aufgebaut werden kann. Nach erfolgreicher Lehrgangsteilnahme wird der „Feuerwehrmann-Anwärter“ zum „Feuerwehrmann“ befördert und endgültig aufgenommen. Weitere Schulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen sind möglich.

Die Mechernicher Feuerwehr hat schon früh begonnen, die Organisation Feuerwehr in Fachbereiche aufzubauen, wo alle mitwirken können. Schreiber lobt die Struktur: „Das ist gut so. Das motiviert die Leute, sich einzubringen und ist auch ein Stück modernes Managementsystem in einer Freiwilligentruppe.“

Auch weitere Investitionen stehen auf dem Plan. Für eine neue Drehleiter wird die Stadt Mechernich gleich mehrere 100.000 Euro investieren. Außerdem ist die Erweiterung einiger Gerätehäuser in Vorbereitung.

Schreiber betont mit Blick in die Zukunft: „Wir müssen uns weiter organisieren und unsere Konzepte weiterentwickeln für wachsende Einsatzanforderungen. Wir möchten, dass der Bürger sich sicher fühlen und stolz sein kann auf seine Freiwillige Feuerwehr.“